Der Staat oder die Welt als Insel
©Friedhelm Schulz, aktualisiert am 13 August 2002
Die Unmündigkeit: Friedhelm Schulz, Teil der Kunsttheorie:
Siehe http://members.tripod.de/FriedhelmSchulz
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Der Staat von Prof. Dr. F. Fürstenberg Prolog Der Staat Friedhelm
Schulz, Teil der Kunsttheorie |
war zwar durchaus aber eben nicht nur die Obrigkeit
und zwar nicht nur Initiator eines obrigkeitsstaatlich und päpstlich bzw.
kirchlich verordneten und damit begrifflich geordneten Glaubens und
mittelalterlichen Welt- wie Selbstverständnisses nur bei dem regierten
Staatsvolk, also nur von Oben nach Unten, sondern war und wurde gewissermaßen
von solchem überstaatlichen göttlich-universal begründeten und verstandenen
Glauben auch selbst getragen und legitimiert. Diese Korrelation bestand dabei
also keineswegs nur formal in Form von Staatsgewalt von Seiten der Aristokratie
und Kirche als von Oben nach Unten zum Volk hin, sondern war als
mittelalterliches Staatsbewußtsein auch von Unten nach Oben durch solchen Glauben
gewissermaßen konstituiert.
Wenn auch Faith, Glaube und Vertrauen als die derart vereinfacht gesehene
Disposition eines sozialen Miteinanders auch immer der naive und damit ideale
Nährboden für Betrug und Irrtum, für Betrüger und Scharlatane war und ist, was
von Letzteren denn auch zu allen Zeiten weidlich ausgenutzt wurde, so war
dieses edle christliche Menschen- und Weltbild in der Hauptsache doch der
Nährboden, auf dem eine langsame Entwicklung zu einem menschlicheren
Selbstverständnis und zu einem sozial konzipierten Staat mit Kranken- und
Waisenhäusern, mit Schulen und Universitäten, mit geregeltem Handwerk, mit dem
Postulat einer gerechten Rechtsprechung und mit weltweitem Handel und Wandel
erst gedeihen konnte.
Die Versuche, diesen Glauben - meist nur als naiven mittelalterlichen Volks-
und Aberglauben gedeutet - auch in ganzer Tiefe zu verstehen, was eigentlich
erst mit Herder und dann mit der Romantik unternommen wurde, mußte als
Wissenschaft an folklorisch Formalem, an den nur empirisch faßbaren Riten,
Bräuchen, Märchen, Liedern, Kleidung usw. enden und scheitern, so wertvoll all
diese Wissenschaften für die Volkskunde auch sind. Derart kann auch unsere
Religion selbst, ob jüdisch, christlich oder islamisch nicht von den
Glaubensformen, Bräuchen, Riten und Traditionen her verstanden und im richtigen
Verständnis verordnet werden, sondern umgekehrt nur von dem Glauben her, der zu
solchen Formen erst führt. Wie es ja auch zur alltäglichen Erfahrung gehört,
daß man von der Form her jede Tat und Untat, jede Raffinesse und Dummheit und
selbst Mord und Totschlag mit frommen Sprüchen aus der Bibel oder aus dem Koran
vor sich selbst und vor Menschen zwar rechtfertigen kann aber vor Gott
verantworten muß. Gott ist kein Idiot. Aber was ist göttlich und was ist
menschlich?
Die Grundproblematik, die uns mit dem Geschehen Jesu, mit dem christlichen
Glauben damit allgegenwärtig ist, ob Gott oder Mensch, ob göttlich oder
menschlich, ob Inhalt oder nur Form, und zwar als Wahrheit oder Vorwand und
Willkür bzw. Wahrheit oder Irrtum, Wirklichkeit oder Schein und Wahn, ist dann
in der Realisation als Verhalten genau entsprechend das, was wir
umgangssprachlich als Himmel oder Hölle auf Erden bezeichnen, wofür wir
verantwortlich sind.
Es war eben keineswegs so, als wäre der Glaube von der Obrigkeit und von Kirche und Klosterwesen dem niederen Volk nur gepredigt und aufgezwungen und kontrolliert und dann nur schamlos ausgenutzt und nicht selbst geglaubt worden, was es natürlich gab und was wir u.a. seit Renaissance und „Aufklärung", etwa seit dem 15. Jahrhundert, bis heute als das nur „Finstere" des Mittelalters sehen und zurecht abzustreifen versuchen.
Wissenschaftliche Richtigkeit statt Gottes Wille.
Was wir an religiöser und weltlicher Selbstverständlichkeit in solcher Korrelation
bis heute undurchdacht und unverstanden oft nur als Paganismus, Papismus,
religiöse Magie, als Volks- und Aberglaube, als Populismus und als christlich-
oder islamisch individuelle, mittelalterliche Spekulation, Willkür und
Unwissenheit sehen und mit dem modernen wissenschaftlichen Rationalismus und
mit dem „natürlichen" Darwinismus als „Aufklärung" überwunden
glauben, war damit aber keineswegs die gedankliche Lösung der im Mittelalter
ungelösten und auch mit brutaler Gewalt und autoritärer Dogmatik nicht zu
bewältigende Problematik unseres Welt- und Menschenbildes für unser
Selbstverständnis, sondern wurde hauptsächlich wohl wegen der gedanklichen und
begrifflichen Schwierigkeit aber dann wohl auch im Sog von Wissenschaft und
Technik als empirische Realität leichtfertig übersehen und deswegen zunehmend
als Problematik ignoriert und schlicht aufgegeben. Und genau diese oben
genannte Problematik zwischen Göttlichem und Menschlichem, Kirche und Staat,
Idee und Wirklichkeit, zwischen Seele und Leib, Geist und Körper, Leben und
Tod, Verantwortung und Schicksal wurde als ignoriertes aber weiter bestehendes,
d.h. ungelöstes gedankliches Problem zugleich das ethische Vakuum oder
Niemandsland bezüglich des anderen Postulates unseres Glaubens, nämlich der Verantwortlichkeit
und zwar als Hintergrund des europäischen Hegemonialwahns bis weit nach den
Weltkriegen.
Ich fürchte, nicht einmal heute ist die gräßliche Karikatur verstanden, die die
Geschichte selbst vom Menschen als „homo hominis lupus" zeichnete, wie sie
sich keine Phantasie eines Künstlers hätte ausmalen können, wo statt der
unfaßbaren Transzendenz scheinbar nur einfach konzeptmäßig und rational als
„Natur" und als „natürlich" und „logisch" d.h. faktisch
gerechtfertigt Reichtum und Macht, geistige, körperliche, technische,
politische und militärische Überlegenheit über Wahrheit, Existenz und Recht -
und auch über die Religion - bestimmt und zwar auf Kosten des jeweils
Unterlegenen „als dessen Hölle auf Erden", statt zum Nutzen aller „als der
Himmel auf Erden", - um hier dieses andere ethische Postulat unseres
Glaubens bzw. seine Kehrseite zu verdeutlichen. Denn Glaube als das Tun und
Verhalten im Sinne Gottes ist zugleich ein Tun und Verhalten zum Wohle aller:
Das Verhältnis zu Gott ist ein Verhältnis zum Nächsten, zum Mitmenschen.
Staat wie Kirchen samt Staatsideen, Philosophie, Wissenschaft, Recht und Theologien, Moral und Ehre gerieten aber - trotz aller Wissenschaftlichkeit - allesamt in diesen Sog eines quasi nur utilitären Individualitäts-, Kultur-, Religions- und Staatspatriotismus für sich und gegen jeweils Anderes und Andere. In den Weltkriegen nicht anders als in den gegenwärtigen Kriegen beten alle Parteien zu dem gleichen Gott gegen und zum Schaden des jeweiligen Gegners. Und wenn selbst heute noch Bildung, Wehrkraft und Freiheit als Konkurrenzkampfatribute gepriesen, verstanden und benutzt werden und als Neoliberalismus im oft auch geforderten wie im gefürchteten Sinne „homo hominis lupus" bedeuten, scheint es, als wäre dies menschlich Gegenteilige an Selbstverständlichkeit und Menschlichkeit im Menschen und in der realen Gesellschaft, in Wirtschaft und Politik gar nicht mehr existent, als gehörten selbst heute noch Kultur, Religion und Bildung zu den Reißzähnen des Wolfes im Kampf jeder gegen jeden.
Und auch die nur gegenteilige Sichtweise wäre unrealistisch:
Denn sowenig, wie man den Faschismus nur als einen Rückfall ins Mittelalter
sehen darf, wenn dieser auch ebenfalls durch eine Korrelation von Oben und
Unten bestand, die aber nicht durch christlichen Glauben bestimmt war, aber es
war auch nicht ein Rückfall nur in die vorchristliche Zeit des Abendlandes,
sowenig gilt dies für seine Überwindung - nicht nur seitens der Siegermächte,
sondern auch innerhalb der deutschen Landesteile und deren Begrifflichkeit.
Sicher war die neue Friedensbereitschaft in Europa seit 1945 auch
Kriegsmüdigkeit; die Soldaten waren tot. Sicher gab es die Angst vor den neuen
Atomwaffen. Sicher gab es eine Besinnung auf das Verbrecherische aller Kriege,
wenn auch (bislang) keine Reflexion auf das Logische des Krieges für das
Staats- wie für das menschliche Selbstverständnis, wie ich es hier im Ansatz
versuchen will. Was ist Politik? Sicher gab und gibt es seit 1945 das
Erschrecken des Menschen vor dem Menschlich-machbaren. Sicher gibt es viele
(allzuviele) Parallelen der Nachkriegszeit zum „Augsburger Frieden" nach
dem 30-jährigen Krieg, d.h. Kompromisse statt Einsicht. Sieg ist immer ein
schlechter Ratgeber. Natürlich gab es ein bißchen Biedermeier in Europa, - nicht
nur in der DDR.
Aber dieses bedeutet leider ebenfalls nicht, als wäre damit die ungelöste
ethische Problematik des Mittelalters verstanden und gelöst worden oder als sei
die Problematik mit der Ignorierung oder durch die Trennung von Staat und
Kirche plötzlich verschwunden. Und das moderne Selbst- und Staatsverständnis,
(wie es Prof. Dr. F. Fürstenberg beispielhaft umreißt), wie es sich aus dem
kalten Krieg zu dem relativ friedlichen Miteinander der Gegenwart in Europa mit
relativ echter Demokratie, sozialer Marktwirtschaft im Westen und aus einem
idealistischen Sozialismus im Osten zu einem Wohlstand und friedlichen
Miteinander entwickelt hat, den unsere Großväter, den Marx, Engels und Lenin
eher für utopisch und für den Himmel auf Erden gehalten hätten, und angesichts
dessen sich selbst Thomas Morus seines Utopia geschämt hätte, bedeutet leider
nicht, als seien wir nun plötzlich bessere Menschen oder gar echte Christen
geworden, die aus Einsicht und in gegenseitigem Vertrauen nur noch nach der
edlen Maxime „jeder zum Wohle aller" handeln, und leider resultiert dieser
Wohlstand eben nicht aus einer Lösung jener bislang ungelösten Problematik, als
ob diese nur früher im Mittelalter und zur Zeit der Weltkriege die Ursache all
der Unmenschlichkeiten und Absurditäten war und heute mit unserer modernen
Begrifflichkeit nicht mehr möglich sei und sein könnte.
Wenn sich dieses friedliche Miteinander des heutigen Europas und der
zivilisierten Welt auch nicht nur durch Verstehen und Vernunft und plötzliches
gegenseitiges Vertrauen, sondern durch den „kalten Krieg" und durch die
jeweilige Parteizugehörigkeit zu Ost oder West und in Westeuropa zudem durch
die Vormundschaft der USA und im Osten durch die Vormundschaft der UDSSR bilden
konnte, wenn auch mit jeweils unterschiedlicher Intention, so ist diese zarte
daraus gewachsene Pflanze moderner Zivilisiertheit, was wir im zivilen wie
politischen Miteinander durchaus - trotz aller Konfrontation - als langsam
gewachsenes gegenseitiges Vertrauen bezeichnen können, dennoch von ganz anderer
als mittelalterlicher Qualität, die sich nur undeutlich als verbindliche
gegenseitige Berechenbarkeit und deutlicher als gemeinsame Sozialisation mit
einer neuen gemeinsamen Begrifflichkeit umschreiben läßt.
Diese neue gemeinsame weltweite Begrifflichkeit, die, wenn auch als solche noch
kaum reflektiert, z.B. in England, Spanien, Frankreich, Polen, Ungarn, Rußland
genauso zum Gegenwartsverständnis gehört, wie in Burma, Indien, Afrika,
Malaysia, Singapur, Vietnam, China oder Japan, - wenn auch immer im Kontext mit
jeweiliger Tradition und jeweiligem Bildungsstand, - ist genauso Realität, als
hätten wir bereits eine gemeinsame Enzyklopädie in den jeweiligen Sprachen der
genannten Länder oder Kulturbereiche.
„Gemeinsame Sozialisation" und neue oder mit neuer „Begrifflichkeit" sind dabei nur die Umschreibung eines hochkomplexen Vorgangs. Neue Begrifflichkeit bedeutet leider nicht, daß damit die ungelöste Problematik der alten, nämlich auch des jeweiligen Mittelalters, gelöst oder beseitigt wäre.
Wenn faktisch auch die militärische Macht der beiden einstigen Weltmächte und Blöcke, so war es dennoch die moralische Rechtfertigung der Zerschlagung des deutschen Faschismus einerseits aber dennoch auch die moralische Rechtfertigung der jeweiligen Machtblöcke gegeneinander oder voreinander andererseits, die sich jeweils aus der vorgeworfenen Unmoral der Gegenseite rechtfertigte und begründete, was dann beide Seiten und insbesondere die westliche Seite wegen der dort relativ freien Presse langsam zum heute selbstverständlichen ethischen Level zwang, d.h. moralisch zu handeln.
Neu in solcher Begrifflichkeit wurde damit die ethische Dimension sowohl
globaler übernationaler Weite und einer neuen Dimension von Allgemeinheit und
weltweiter Allgemeingültigkeit wie aber auch die Begrenztheit des Globalen
einerseits wie die nun global begrenzte Universalität solcher Ethik
andererseits. Letzteres ist als zwar als politische und ethische Möglichkeit
und kulturelle Attraktivität längst ergriffen und begriffen, aber als ethisches
Problem wahrscheinlich noch am wenigsten verstanden.
Dieses ergibt durchaus neue aber eben nur zusätzliche Bedeutungen und
Relationen und bedeutet z.B. : Nicht mehr Sieg, größere Macht, Kraft, größerer
Reichtum entscheidet über Recht und Unrecht, Gut und Böse, Sein oder Nichtsein
wie im normalen Kampf und Gerangel jeder gegen jeden, sondern nun auch
umgekehrt: Die Erde kann als Lebensbereich nur dann erhalten werden, wenn der
Mensch Richtig und Falsch als Gut und Böse richtig anwendet, wodurch sich die
eigene Existenz und die der Menschheit durch ein ethisches wie zugleich
intelligentes Niveau entscheidet. D.h. diese neue Begrifflichkeit ist
keineswegs eine ethische Bekehrung, sie ist ganz im Unterschied zur
mittelalterlichen Problematik nicht religiös und transzendent positioniert und
ist auch nicht nur die Folge der zufälligen Konstellation der Nachkriegszeit,
sondern resultiert mit einer ganz neuen Problematik schlicht aus der
Begrenztheit unserer Erde. Die neue Problematik zeichnete sich bereits im 2.
Weltkrieg ab, der als Teilaspekt oder Vorwand zumindest, im Unterschied zu den
einfachen kolonialistischen und nationalistischen Beutekriegen der Vorzeit,
bereits Kampf um die begrenzten Territorien und Ressourcen war.
Mit der begrifflichen und ethischen Gemeinsamkeit eines politischen
Miteinanders der Erdbevölkerung in wachsendem Wohlstand, mit schnell (aber zu
langsam) wachsender kommunikativer Infrastruktur und Bildung verstärkte sich
eben nicht nur der Segen und auch die Problematik der schnell wachsenden
Bevölkerung als Erdbevölkerung mit den ökologischen Folgen, sondern daneben
oder vor allem schiebt sich plötzlich die Brisanz und Dringlichkeit der
Problematik in den Vordergrund, die mit der Überwindung des Mittelalters eben
nicht gelöst sondern nur verdrängt und vergessen wurde und von Marx und Lenin
mit der Ignorierung oder Ablehnung des Religiösen auch als gelöst nur
mißverstanden wurde, weil sie seit Menschengedenken nur religiös formuliert
wurde, nämlich die entscheidende Frage nach Sinn und Wert des Individuum und
der menschlichen Existenz überhaupt.
Diese nun verdoppelte ungelöste Problematik zwischen menschlicher Existenz,
Individualität und Ethik wirft denn auch die Frage auf, ob diese Begrenztheit
nicht zugleich auch die Begrenztheit menschlicher Vernunft ist, ob der Mensch
zu solcher Vernunft und Ethik einer friedlichen Weltgemeinschaft als
Geistesleistung überhaupt fähig ist.
Hierzu gehört ja nicht mehr nur die Fähigkeit zur gedankliche Bewältigung der
Probleme durch eine Elfenbeinturmelite, sondern auch die Fähigkeit der
Umsetzung. So tritt eben unvermeidlich zu der alten meist religiösen
Leib-Seele, Wahrheits- und Schuldproblematik nun immer zugleich mit dem
Wahrheitsanspruch auch die Allgemeingültigkeitsspekulation als Vormachtsstrategie
hinzu, wie wir es als Religions-, Konfessions oder Kulturpatriotismus bzw.
Ideologie zur Genüge kennen. Dabei kann eine Bewältigung der Problematik eben
nicht mehr allein durch Verstehen und analytische, d.h. intellektuelle
Geistarbeit aber eben auch nicht durch Verdrängung oder durch Eliminierung,
Bekämpfung oder Beseitigung aller jeweils anderen Ansichten und Wahrheiten als
der eigenen gelingen, und zu einem Konsens führen, wie es leider zum Vorzeichen
der drei Abrahamäischen Religionen wurde, aber nicht nur in diesen, die aber
nun mal da sind. Auch oder gerade Letzteres gilt es - nicht nur theologisch,
sondern auch logisch, politisch und soziologisch - neu zu verstehen: Soweit und
vor allem wie nämlich in diesen Religionen Gott als Schöpfer und zugleich Herr
der Welt Wirklichkeit ist, und zwar nach jeweiligem Verständnis des Wie, weil
Existenzaussage immer durch oder als die jeweilige Attribution erfolgt, was
dann „logisch" für alle Welt und alle Menschen gilt, so grundsätzlich gilt
es eben nicht nur unterschiedliche Attributionen sondern auch die vielen
Alleingültigkeitsansprüche unter einen Hut zu bringen.
Ein leider etwas zu einfaches Beispiel soll die Problematik verdeutlichen:
Zehn Menschen transportieren gemeinsam eine lange Leiter, wovon sehr viel
abhängt, und sie stehen plötzlich vor der Entscheidung , ob sie links oder
rechts an einem Baum, der im Wege steht, vorbeigehen sollen, was eben nur
gemeinsam möglich ist. Über Vorgang und Ausgang dieses Entscheidungsprozesses
lassen sich ganze Romane schreiben.
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Im schlimmsten Falle geraten alle bei der Diskussion über den besten Weg in Streit und schlagen sich gegenseitig tot, so daß die Leiter ihr Ziel nicht erreicht, was man vermeiden sollte. Im besten Fall sind alle von vornherein einig. Dies wäre ein glücklicher
Zufall, worauf man sich aber nicht verlassen kann.
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Aber wir wollen sogar zusätzlich noch annehmen, daß beide Ausweichmöglichkeiten gleich günstig und beide richtig sind, was sogar verdeutlicht, daß oft nicht die Entscheidung selbst sondern das Zustandekommen einer gemeinsamen Entscheidung - wie sie auch immer sei - das Problem ist, wobei dann die Frage nach Sinn und Wert des Einzelnen einfach als etwas Zweitrangiges oder gar Unwichtiges untergeht.
Der Mensch in seiner Entscheidungsfreiheit und Verantwortung stößt, was an
diesem Beispiel weniger einsichtig wird, sowohl auf die nun doppelte
Problematik von Richtig und Falsch, nämlich der universal und transzendent
fundierten Ethik einerseits und andererseits der heute global existentiell oder
politisch bzw. anthropozentisch empirisch gedachten Ethik, die es noch zu
analysieren gilt, wie nun zusätzlich noch auf das Problem, die diese beide
Denkwelten miteinander verursachen. Denn es sind beim Menschen nun ausgerechnet
die ethischen Kriterien beider Kategorien wie Ehre, Treue, Solidarität,
Loyalität, Patriotismus, Glaubensgewißheit, Wahrheit, Wissenschaftlichkeit
usw., die in der Problematik jüngster Vergangenheit und unserer Gegenwart
entweder in einen Topf geworfen oder miteinander verwechselt oder gegeneinander
ausgespielt werden, wodurch sich zum einen ein großes Tor für Betrug, Irrtum,
Rhetorik, Polemik, Streit und Scharlatanerie auftut, wodurch zum anderen aber
u.U. eine vernünftige Lösung verhindert wird. Denn bei diesem Streit geht es um
das Miteinander, wobei es diese merkwürdigen, sich gegenseitig aufbauenden oben
genannten Kriterien als Weltanschauungen oder Dämonen und zwar als soziale und
politische Realitäten sind, die scheinbar mit jenem Baum gar nichts zu tun
haben, die geistig und politisch zu bewältigen sind, was über das Schicksal der
Menschheit entscheiden kann.
Selbstverständlich ist eine zivilisierte demokratische Abstimmung als
Automatismus, mit der jeweils eine Mehrheit nach welchen individuellen
Gesichtspunkten und Strategien jedes Einzelnen auch immer entscheidet, keine
Entscheidung über Richtig und Falsch, Gut und Böse, sondern zeigt nur den Willen
der Mehrheit, wobei die überstimmte Minderheit ihre Ansicht weiter als Richtig
und Gut behalten und vertreten darf. Und kein Mensch würde behaupten, daß die
Vernünftigeren der Menschheit bereits in der Mehrheit wären.
Denn es gilt auch darin beides zu sehen und zu verstehen, sowohl Himmel wie Hölle auf Erden, und zwar als die immer gegenwärtigen Kriterien auch eines modernen Selbstverständnisses , nämlich als jeweiliges Handlungskonzept durchaus im Sinne einer auch zusätzlichen nichtreligiösen oder nichttranszendenten jeweiligen Rezeptur, wenn auch kaum noch oder zumindest mit dem Ende des „Kalten Krieges" seit Gorbatschow immer weniger in der alten mittelalterlichen obrigkeitsstaatlichen Struktur von Dogmatik, Gedankenkontrolle und Inquisition, wie es in Ost und West bis zum Exzeß entartet war.
Das Vakuum als die von mir so bezeichnete Ursache für die unbeschreiblichen
Unmenschlichkeiten des vergangenen Jahrhunderts auf Seiten aller Kriegsparteien
bestand ja nicht in dem fehlenden Glauben oder in dem Fehlen von etwas woran
man glaubte, von beidem gab es auf allen Seiten, wie wir noch sehen werden,
reichlich und mehr als genug. Auch das so sehr komplizierte
Abhängigkeitsverhältnis von beidem als versteckte oder offene Dogmatik, nämlich
eines Glaubens zu dem, was man jeweils glaubt bzw. dem oder der man glaubt, was
einem als ureigenes Bewußtsein immer gegenwärtig sein sollte und im Folgenden
mein Hauptthema ist, fehlte naturgemäß eben nicht. Gottvertrauen, Idealismus,
Patriotismus, Moral und Selbstlosigkeit fand man auf allen Seiten eher
überreichlich, selbst bei den Nazis. Grundsätzliche Skepsis genau dagegen gab
es nur sporadisch als modischer Anarchismus, als Agnostizismus, als subversive
Attitüde oder als DADA und naturgemäß eben ohne moralische und politische
Kraft. Als philosophische Skepsis, wie sie von Hume und Berkely an bis Kant
Heisenberg, Plank und Einstein bestand, war sie ebenfalls ohne politische
Relevanz.
Dieses Vakuum bestand vielmehr in der fehlenden jeweils persönlichen
Verantwortlichkeit für den eigenen Glauben und für das, was man glaubt.
Dieses als Selbstverständlichkeit rein gedanklich nachzuvollziehen, bereitet
bis heute Schwierigkeiten. In der Tat kann man zurecht von einer
Bildungsimplosion sprechen. Der menschliche Verstand war der Situation der
ganzen Problematik des vorigen Jahrhunderts nicht gewachsen. Denn wenn man
unsere beiden, seit Menschengedenken und von allen großen Weisen und Religionen
gekannten und gepredigten Selbstverständlichkeiten als Kriterien für Gut und
Böse, Richtig und Falsch als die ethische Kehrseite der persönlichen bzw.
jeweils privaten Verantwortung heranzieht, wo Nutzen und Vorteil nur auf Kosten
und zum Schaden aller falsch und böse ist, und das Gegenteil, nämlich Urteil
und Handlung nicht zum Schaden und Leid und auf Kosten anderer oder aller
geschieht, sondern eher zu Aller Nutzen, erweist sich gerade Letzteres, was im
Prinzip sowohl der Lehre Jesu wie dem logischen Kantschen „kategorischen
Imperativ" entspricht, als problematisch.
Jesus: „Alles nun, was ihr
wollt, daß Euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Das ist das
Gesetz und die Propheten." Matth. 7, 12.
Kant: »Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip
einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte.«
Diese Schwierigkeit kann man sich verdeutlichen, wenn man
z.B. von einem gemütlichen Platz eines Straßencafès aus, auf dem Berliner
„Ku-Damm", auf der Düsseldorfer „Königsallee" oder auf der Prommenade
in Dar Es Sallam die Menschen der relativ wohlhabenden Gegenwart in ihrem
Treiben, Eilen und Verweilen beobachtet und dabei die empirisch gar nicht
faßbare Vielschichtigkeit des Normalen bedenkt: Denn es ist dabei
unvermeidlich, sich in den Köpfen der verschiedenen dort flanierenden Passanten
sowohl latent wie auch konkret Weltanschauliches vorzustellen, wie
Neofaschismus, Antifaschismus, Sozialdemokratisches, Liberales und
Christdemokratisches, Katholizismus, Protestantismus, fundamentalistischen wie
emanzipierten Islam, Atheismus, Neoliberalismus wie Anti-Neoliberalismus,
fundamentalistischen wie liberalen Kommunismus und Anarchismus, wobei all jene
Ismen keineswegs als isolierte Entitäten existieren, sondern zugleich immer
auch Reaktion aufeinander sind, obwohl in den Gesprächen, die man dort
bisweilen führt oder belauschen kann, von all dem gar nicht die Rede ist.
In diesem Treiben einer modernen Gesellschaft sind nun diese Kriterien des
Miteinanders und des Gegeneinander, als Himmel und Hölle, als Frieden oder
Titanik, als Freiheit oder Babylon, als Menschlichkeit oder Apokalypse
keineswegs Kriterien allein der Deutung von Optimismus und Pessimismus, so wie
man ein Glas Wasser halb leer oder halb voll sehen kann, sondern sie sind eher
die Klinke in der Hand eines Jeden, und zwar einer Tür, die als tatsächliche
doppelte Funktion sowohl den Zugang öffnet wie versperrt, sowohl für Gutes wie
für Schädliches, oder wie ein jedes Examen unserer Zivilisation Zugang und
Möglichkeit sowohl eröffnet wie versperrt. Schwierig dabei ist, daß sich
Schießen oder Öffnen als Vorteil für den einen zum Nachteil und auf Kosten
anderer als die Hölle einerseits oder zum Vorteil aller als der Himmel
andererseits, obwohl immer von Menschen zu verantworten, dennoch nach quasi
schicksalsartigen Regeln, nach zufälligen Konstellation und zwar nach Kriterien
verhält, die eben nicht wie schwarze und weiße Vögel zwischen den Menschen
umherfliegen, sondern oft ganz zufällig meist aber in unserer gemeinsamen
aufeinander bezogenen Denkstruktur in Form von Philosophien, Theologien,
Ideologien, Intentionen, Absichten, Konventionen, Gruppierungen und auch
entsprechendenden Charakteren diese vielschichtige Funktion einer Tür oder
eines Urteils bestimmen. Und es ist wohl inzwischen unstrittig, daß auch die
idealste Verfassung und die beste Polizei die Hölle auf Erden nicht garantiert
verhindern oder nicht selbst zur Hölle auf Erden werden könnte - und sei es
auch nur die Hölle für eine Minderheit, sowenig wie die gleiche oder eine
andere ideale Verfassung, Polizei, Partei oder Philosophie den Himmel auf Erden
garantieren könnte. Wir wissen, daß auch eine Demokratie samt bester Polizei,
daß auch Gerechtigkeit und selbst das christliche Kreuz und die biblische
Botschaft wie auch der Islam zum Mord- und Unterdrückungsinstrument und damit
zum Vorzeichen der „Hölle auf Erden" werden kann. So bedeuten
gegenseitiges Vertrauen und die darunter mögliche Liberalität unter allen
Umständen sicher Komfort, Wohlstand und Frieden für alle, wie dieses unter
allen Umständen - nicht anders als im Mittelalter - eben immer auch die große
Chance des Betrügers, des rücksichtslosen Egoisten und Wolfes zum Nachteil
aller ist.
Und gerade im Entstehungsprozeß einer gemeinsamen weltweiten Sozialisation und
Begrifflichkeit sollten wir die Berechenbarkeiten und Unberechenbarkeiten wie
die vielen Absurditäten im modernen Selbstverständnis zu verstehen suchen und
entsprechend reflektiert Teil dieser gemeinsamen Begrifflichkeit werden lassen,
nämlich auch als Wertung nach den Kriterien Himmel oder Hölle auf Erden im
Sinne von Richtig oder Falsch, wozu uns die jüngste Geschichte des vergangenen
Jahrhunderts nicht nur verpflichtet, sondern wozu sie uns ja auch viele
konkrete Beispiele liefert.
Dazu gehört, daß solche Kriterien als Selbstverständlichkeiten nicht nur als
Weisheiten oder Philosophien, wie sie seit Menschengedenken bestehen, sondern
im Kontext mit konkreten Situationen als Selbstverständlichkeiten zu
selbstverständlichen Begriffen werden, was durch Begriffe wie z.B. „Menschen-
und Völkerrechte" aber auch technisch über gemeinsame Informationsmedien -
ähnlich der Idee von CNN - auch ganz praktisch realisierbar ist.
Selbst ein albanischer Bergmensch muß wissen, wie natürlich auch ein Israeli
oder Palästinenser, daß er mit dem Wahn seiner Blutrache vor aller Welt als
Hinterwäldler und Idiot, und zwar ebenso als Idiot und Krimineller gilt wie
derjenige, der an ihm schuldig geworden ist.
Was
bei den Mächtigen der Kolonialmächte die von den deutschen Faschisten beneidete
negative
Nebenerscheinung von Reichtum und Macht war, nämlich der eigene Vorteil auf
Kosten und zum Nachteil anderer und zwar durch den Nachteil anderer, was dann
glänzende Ausstattung, billige Bedienung und Arbeitskräfte, Rohstoffe usw.
einerseits bedeutete, und andererseits Überlegenheit, Arroganz, Größenwahn,
Verachtung der Schwächeren,
Ärmeren, Ungebildeteren und das Recht diese kaufen, versklaven, entrechten und
delegieren zu können, dieses archaisch Allzumenschliche, was ganz sicher, wenn
auch versteckt, der häßliche und sicher negative Antrieb für die, und zugleich
die Folge nicht nur von der Profitgier, sondern vielleicht von jeder
archaisch-ursprünglichen Staatenbildung ist, auch wenn dieses in der
politischen Verwirklichung durch Militär, Diplomatie und Delegierte von jenen
Untertanen mit dieser merkwürdig ehrlichen Loyalität und echtem Patriotismus
ausgeführt wurde, wurde von den Faschisten - und natürlich nicht nur von ihnen
- nun ganz offen ausgesprochen zum erklärten Vorbild und Hauptziel, was denn
auch zurecht als geschmacklos und vulgär empfunden wurde, so geschmacklos und
kriminell, als würde ein Mann ohne den umständlich-kulturellen Modus des
„Lebens- und Arterhalts“, wozu das religiös-ethische Miteinander des
Abendlandes durch die halbfertige Aufklärung darwinistischer Erfolgstheorie
herabgestuft und was von den Faschisten als „modern-aufgeklärt“ übernommen
worden war, sich der Frau mit den Worten bekanntmachen „Ich darf und will dich
f. und ausrauben, weil ich der Stärkere bin.", um sie dann mit diesem
Recht des Stärkeren zu vergewaltigen, zu plündern und zu töten oder zu
beleidigen, wenn sie nicht will.
Sicher
ist solche naive Ehrlichkeit und dann die wissenschaftliche Präzision bei der
Realisierung der faschistischen Verbrechen nur als Geschmacklosigkeit gesehen
wohl das schwächste Argument gegen Verbrechen und Faschismus und soll hier auch
nur auf die Schwierigkeiten hindeuten, die es macht, die Wirklichkeit eines
modernen Staates unserer Zeit allgemein und die des faschistischen Staates
jener Zeit insbesondere zu verstehen.
Der noch unverstandene Aspekt
von Faschismus und Neofaschismus.
Diese
( von mir ) bewußt drastische Überzeichnung des eigentlich ganz normalen
Gerangels im zwischenmenschlichen Zusammenleben nun als den forcierten
vordergründigen faschistischen Staatsbegriff zu sehen, wie ihn die aufgeklärten
Marxisten und damit natürlichen Antifaschisten als ein zu überwindendes System
von Ausbeutern und Ausgebeuteten rein ökonomisch definierten und verneinten,
war danach bei den Faschisten also nur ein quasi eklektizistischer
Chauvinismus, der also nicht einmal echt sondern nur „gespielt“ und inszeniert
war, wie es der späte Wittgenstein vielleicht formulieren würde. Und in der Tat
wollte Hitler und der Faschismus wohl weder Sex noch Macht und Reichtum,
sondern all dies als etwas Patriotisches, was über die zwei meist
vernachlässigten weil selbstverständlichen Seiten des modernen, darwinstisch
verstandenen Staates, nämlich 1. Erfolg und Anerkennung (Eitelkeit) und 2. die
eigene Existenz als Selbstverwirklichung bzw. als Selbstverwirklichungsvoraussetzung
die Schwierigkeit verdeutlicht, die „Individualität“ oder Entität dessen zu
bestimmen, was mit dem modernen Staat eigentlich existiert oder gemeint ist,
nämlich seine Wirklichkeit.
Denn
in dem Vakuum, das mit der Moderne durch die Preisgabe der mittelalterlichen
Vorstellung und Argumentation eines Gottesstaates, einer göttlichen Ordnung mit
göttlicher Gerechtigkeit und Legitimation entstand, in dem die Potentaten
Kaiser, König und Papst eben nicht nur als die erfolgreichsten Ausbeuter und
Unterdrücker sondern als Diener Gottes und der Menschen galten oder sich so
legitimierten, die für Recht und Ordnung sorgten, aber natürlich auch durch die
Konfessionalisierung, Säkularisierung und die zunehmende Privatisierung des
Glaubens, konnten und mußten diese eigentlich selbstverständlichen Aspekte von
menschlicher Gemeinsamkeit Teil eines bewußten Programms werden und sind ein
tieferer Grund für den europäischen Hegemonialwahnsinn und das weltweite
Nachkriegsgerangel zwischen Staaten - besonders deutlich noch immer im Islam,
wo sich die alten Gottesstaatsvorstellungen mit modernem Nationalismus
vermischen oder mit solchem konkurrieren.
Diese
Schwierigkeit der Definition des als modernen Staat zu Definierenden liegt im
ganz selbstverständlichen Selbstverständnis einer solchen menschlichen
Gemeinschaft heute, die nicht nur intensional als die jeweilige innere Struktur
der jeweiligen Gemeinschaft zu verstehen ist, innerhalb der das Verhältnis von
Mensch zu Mensch als die jeweilige Weise der jeweiligen Kultur, Konvention und
Ordnung und des jeweiligen Gerangels stattfindet, die es natürlich zu verstehen
gilt, sondern liegt als das eigentlich Moderne und Problematische nun auch in
der extensionalen Bedeutung solcher Gemeinschaft in der Welt. D.h. wenn früher
das Menschliche mit dem Glauben an Gott über das jeweils Intensionale von
Familie, Region, Sprache und Staat hinaus in einen absoluteren Bezug zum
Universalen gestellt war (natürlich mit der Auswirkung auch auf die jeweilige
innere Struktur), so trat in der Moderne da, wo jener Glaube an Gott und
Transzendenz aufgegeben wurde, alternativ nun das Globale als
Gültigkeitskriterium an die Stelle des Universalen, während dort, wo der Glaube
an Gott bestehen blieb oder bleibt, nun das irdisch Globale, die Weltgeltung,
die neue eher anthropozentrische Ethik und Wissenschaft als
neue Dimension des Irdischen und der irdischen Gültigkeit und
Verantwortlichkeit hinzu kommt. Deswegen ist es bereits schwierig, auch nur die
Schwierigkeit einer Definition zu erkennen, und erst recht zu versuchen, sie zu
verstehen. Denn es gilt nicht nur diese schwierige Correlation von Intension
und Extension - nicht nur im Faschismus - zu verstehen, was ich in den oben
benutzten Begriffen wie Neid und Eklektizismus andeuten wollte, sondern auch
die Schwierigkeit der Klärung zu umreißen, was man als neues Verhältnis von
anthropozentrischer Ethik und Wissenschaftlichkeit als Globalisierung des
Sozialen und Individuellen mit dem Universalen des Menschen in seinem
Verhältnis zu Gott versteht. Ohne Zweifel wurden (und werden je nach Bildung
noch immer) im Denken und in der Begrifflichkeit aller Sprachen diese beiden
extensionalen Aspekte des Menschen und jeder Gemeinschaft, was wir heute als
das anthropozentrisch Globale oder Internationale einerseits und das
transzendent Universale andererseits unterscheiden, weitgehend zusammengedacht
und gleichgesetzt.
Mit
dem kurzen geschichtlichen Abstand von nur 60 Jahren von jener Entgleisung
alles Menschlichen der Weltkriege entfernt ist es noch zusätzlich schwierig,
einmal die fast religiöse und als solche auch forcierte Dimension des
Faschismus und zum anderen diese Rivalität und Konfrontation anthropozentrisch
wissenschaftlicher Konsequenz im Bewußtsein der Aufklärung mit der universalen
Ethik und Verantwortung in der traditionell überlieferten jeweiligen
Religionsform analythisch schon zu verstehen.
Wie
es der evangelische Präses und Bischof Kurt Scharf als Vermächtnis und
Forderung bereits formulierte und bis zum Ende seiner Tage forderte, muß und
kann heute jene Konfusion bereits intellektuell bewältigt werden, die mit
diesen beiden unterschiedlichen in früherer Theologie und Wissenschaft meist
zusammen oder sich gegenseitig disjunktiv einander ausschließend gedachten
Universalitäten noch immer besteht, daß sich also Glaube und Wissenschaft, bzw.
Aufklärung und Glaube, Globalität und Universalität einander ausschließen, als
Gut oder Böse einander bekämpfen oder das Gleiche bedeuten.
Obwohl
man, um eine einfache alltägliche oder eine offizielle politische Rede,
Handlung oder Haltung, ja auch auch eine Verfassung oder Rechtsprechung einer
Nation verstehen zu können, diese verschiedenen Aspekte sehr wohl unterscheiden
muß, sind sie aber nicht voneinander zu trennen sondern sind als absurde
Konfusion oder vernünftiges Verhältnis miteinander immer zugleich - und zwar
einander bedingend - gegenwärtig.
Und
ein vernünftiges Miteinander der Menschen und Völker bedarf einer klaren
Begrifflichkeit. Das kann natürlich nicht bedeuten und könnte gar nicht
funktionieren, unser Leben auf den Leisten nur der oben genannten
Begrifflichkeit von Intension und Extension der individuellen, nationalen,
globalen bis universalen Intention zu schlagen, es gilt vielmehr, jeweils auch
die vielen anderen Kriterien mit ihren eigenen funktionalen Möglichkeiten und
Grenzen innerhalb solcher Begrifflichkeit zu verstehen, nach denen wir handeln
und urteilen.
Es
sind dabei gerade die Selbstverständlichkeiten im Selbstverständnis von
Menschen und Nationen, die solche Vielschichtigkeit verdecken und dann gerade
zu konfusen Vereinfachungen verleiten, wenn man die Korrelation z.B. zwischen
den beiden Kriterien übersieht, wieweit eine nationale Struktur durch
Gesetzgebung, Bildungs- und Sozialstruktur, Sprache, Religion, Tradition usw.
das Individuum bestimmt und damit im Ergebnis als intensionale Struktur zu
verstehen wäre einerseits, und wieweit andererseits jedes einzelne Individuum
umgekehrt - also extensional - jene nationale Struktur bestimmt hat und
bestimmt und ausfüllt und so verstanden wird, und man dazu auch noch die vielen
anderen Schichten noch innerhalb jener Begriffe ignoriert und man statt dessen
eine Nation z.B. nur als Territorium mit Bevölkerung und gemeinsamer Sprache
definiert, wonach es dann so scheinen könnte, als ob die Existenz der Nation
nur aus diesen drei Kriterien resultiere.
Man
kann sich dieses verdeutlichen, wenn man sich vorstellt, was jemand unternehmen
könnte oder müßte, der sich radikal zum „Diener einer Sprache“ erklärt: Dieser
könnte dazu alle Mittel anwenden, von Gewalt, Verfolgung, Repressionen
angefangen bis zur totalen Kommunikations- bis Gedankenkontrolle. Wir würden
diesen Menschen sicher bald zu den Wahnsinnigen rechnen. Man kann sich aber an
diesem Beispiel weiterhin verdeutlichen, daß er dieses mit echtem Idealismus
betreiben würde, auch wenn man sich vorstellt, daß jener „Diener der Sprache“ -
wie einst die Sandinisten in Nikaragua - bald die Hälfte der Bevölkerung wegen
Sprachvergehen eingesperrt, diskriminiert oder außer Landes getrieben hätte.
Aber
man könnte z.B. jenem offensichtlich wahnsinnigen „Diener der Sprache“ auch
nicht entgegenhalten, daß es so etwas wie seine verkürzte Vorstellung von
Sprache wie die Existenz einer Sprache, sprachliche Falschheit und Richtigkeit
oder eine Legitimität einer Sprache gar nicht gäbe. Er würde uns ganz zurecht
entgegenhalten, daß in jedem modernen Staat ohnehin bereits Karriere und
Lebenslauf eines Menschen nach solchen Kriterien entschieden wird, ob er die
jeweilige Landessprache richtig benutzen kann.
Und
noch schwieriger als die Definition der Entität von Sprache oder/und Zahlen und
deren ja gemeinsamen Gebrauchsregeln, Konventionen, Richtigkeiten und
Falschheiten jeweiliger Gemeinschaft von Menschen ist die Definition dieses
Aspektes einer modernen Nation, die sich im Praemodernen hauptsächlich als
Eigentum von Potentaten definierte und legitimierte. Und zwar deswegen noch
schwieriger, weil sich dabei im Gegensatz zur Sprache eben gerade das empirisch
Konkretisierbare einer modernen Nation wie Bevölkerung, Territorium und Grenze
einem Verständnis der Schwierigkeit solcher Definition in den Weg stellt.
Wenn
nämlich die Wirklichkeit und das Wie und Wie-Nicht einer Sprache samt der
Zahlen auch evident ist, so wäre es z.B. offensichtlich unsinnig, die Existenz
einer bestimmten Sprache nur mit der oder als die zufällige öffentlich bekannte
Existenz einer Enzyklopädie, einer aufgeschriebenen Grammatik oder eines
Mathematiklehrbuchs zu begründen. Denn ohne Zweifel sind z.B. der deutsche
"Duden" für die deutsche oder der englische "Webster" für
die englische Sprache nur die Beschreibungen der jeweiligen Sprachen, die auch
ohne Duden, Webster, oder „Adam Riese“ existieren würden. Man würde vielleicht
sagen, die jeweilige Sprache existiert in den Köpfen derjenigen, die sie sprechen.
Die gleiche jeweilige Sprache als Entität müßte dabei als Duplikat in den
Köpfen all der Menschen existieren, die sie sprechen. Vielleicht gelingt es den
Medizinern in einigen Jahrhundert im zerebralen Sprachzentrum unseres Gehirns
so etwas wie eine speicherfähige CD mit den Laut- und Schriftbildern von
Wortschatz, Grammatik- und Mathematikregeln und jeweiligen Konventionen zu
finden. Spätestens dann allerdings würde die Schwierigkeit schon deutlich, wie
man den Zusammenhang des jeweils gemeinten mit der jeweiligen Bezeichnung
empirisch nachweisen wollte, der eben nicht empirisch sein kann und damit auch
keine empirisch nachweisbare Existenz besitzen kann. Bei dem Gesang einer
Nachtigall dagegen könnte man mit einer bestimmten Berechtigung davon ausgehen,
daß er die Folge einer bestimmten Genstruktur ist, so daß man den bestimmten
Gesang als ein empirisch nachweisbares Rassemerkmal oder als ein Rasseprofil
bezeichnen könnte, so daß z.B. ein Gentechniker durchaus eine Nachtigall
züchten könnte, die wie eine Schwalbe zwitschert.
Der
faschistische Vulgärdarwinismus war bezüglich der Legitimität der eigenen
Nation gewissermaßen auf ein analog ähnliches genetisches Verständnis
angewiesen, weil er die empirischen Kriterien einer Nation wie Bereich und Grenzen,
wie sie bestanden, nicht akzeptieren wollte. Und spätestens dadurch, nämlich
durch die Hitler-Stalin-Verträge wurde die Fragwürdigkeit der scheinbar
sicheren empirischen und natürlichen Kriterien für die Existenz einer
bestimmten Nation deutlich, als man mit den Grenzen die polnische Nation
einfach beseitigen wollte. Aber mehr noch wurde dadurch auf faschistischer
Seite die Unhaltbarkeit einer genetischen Definition des Nationalen deutlich,
was als Unhaltbarkeit in dem Begriff Eindeutschung enthalten ist.
wie
es zwar unsinnig wäre, mit einer Verfassung oder Landkarte die Existenz eines
Staates zu begründen.
Zudem,
eben weil ursprünglich wie geschichtlich selbstverständlich, wurde und konnte
wegen der schwierigen ungeklärten Definition des Selbstverständlichen des
Selbstverständnisses auch nicht die weitere logische, theologische,
philosophische wie ethische Schwierigkeit zur Sprache kommen, wie eine
demokratische oder sonstwie hergestellte Mehrheit mit der ja weiterhin
bestehenden Religiösität der Menschen als Volkeswille zugleich Gottes Wille
sein kann und wann nicht, was eben dazu führen konnte und kann, beides einander
gleichzusetzen.
Besonders
interessant ist hierbei das Verhalten der „Zeugen Jehovas“, die sich sowohl
jeder demokratischen Zustimmung wie auch Ablehnung zu enthalten versuchen und
genau dadurch den Ausgang von Wahlen dennoch mitverantworten müssen.
Was
an der Demokratie auf den britischen Inseln ursprünglich eher nüchtern
gewährtes oder erkämpftes Zugeständnis an sehr konkreten Rechten war, wurde so
auf dem Kontinent - zuerst in Frankreich - zur modernen Weltanschauung aber im
Bereich der oben genannten eigentlich selbstverständlichen Aspekte menschlichen
Zusammenlebens und Gerangels mit der nun nur durch Territorium und Grenze legitimierten
Entität oder Individualität.
Man
kann sicher sagen, daß es diese Verlegenheit war, weswegen die Faschisten zu
der gerade im Rassengemisch Deutschland absurden Vorstellung einer deutschen
Rasse kamen, weil sich eben allein durch Territorium und Grenzen nicht die
Qualität der Bewohner und die Existenz von eigener Nation begründen läßt.
Eine
bis heute normale „objektive“ Definition der „objektivierbaren“ Seiten des
modernen Staates will ich als allgemein bekannt und akzeptiert hier
voraussetzen. (Siehe beiliegende Zusammenfassung von Prof. Dr. F.
Fürstenberg, in der angesichts der übergeordneten Wesenheit des Staates
menschliche Gefühle wie Ehre und Schande, Schmach und Genugtuung, Streben,
Leben und Tod usw. von untergeordneter Bedeutung sind, was auch dazu führt, die
bestehenden Absurditäten, wie sie schon Erasmus im 16 Jahrhundert aufzählte,
ohne sie abändern zu wollen, einfach zu ignorieren, die zu benennen allerdings
damals wie heute wohl das Ende jeder politischen und gesellschaftlichen Karriere
bedeutet.)
Mit
diesen normalen bis abnormen Gefühlen macht sich zugleich der immer nur
subjektive Aspekt der politischen Katastrophe zum Thema, der sich weder
philosophisch, noch wissenschaftlich oder politisch objektivieren läßt und
angesichts objektiver Tatsachen und faschistischer Programme und Dokumente, die
wir Schwarz auf Weiß als Belege vorzeigen können, leicht in den Hintergrund
geraten. Zudem aber Gefühle, die im normalen Alltag auch eines aktiven SSlers
oder Soldaten nur einen kleinen Teil des ganzen menschlichen Sentiments
ausmachen. Man feierte schließlich „normal“ Weihnachten, Ostern und Geburtstag
in der Wüste wie in Stalingrad und Buchenwald.
Und
es scheint auch eher nur Spekulation sein zu können, wenn wir von einem Gefühl
ausgehen, aus dem heraus es erst z.B. zu den objektiven Sätzen in Hitlers „Mein
Kampf“ und dem ganzen Desaster des 2. Weltkriegs kommen konnte.
Gerade
angesichts der Globalisierung wird aber genau dieser bislang undefinierte
Gefühlsaspekt nationaler Identität interessant, der in vielen Facetten
faschistische Züge und Abnormitäten annehmen und „rechtfertigen“ kann, die sich
keineswegs unbedingt mit Hakenkreuz und Schnauzbärtchen kenntlich machen
müssen.
Daß
die Faschisten den englischen und für alle Welt ursprünglich initiierenden und
vorbildlichen Parlamentarismus übersahen oder als Schwäche verneinten, hat
natürlich rein geschichtlich auch etwas mit der noch jungen, ungewohnten
eigenen und recht negativen Erfahrung mit Demokratie zu tun, lag aber im
Wesentlichen daran, daß damals wie heute Demokratie keineswegs und schon gar
nicht eine ethische Legitimation eines Staates war und ist. Demokratie gar
als ethisches Vorzeichen und ethische Verpflichtung eines Staates nach Innen
und Außen, wie sie im Utopia von Thomas Morus, einem Freund des Erasmus, schon
im 16. Jahrhundert formuliert wird, ist selbst als Forderung realpolitisch
gesehen eine junge Nachkriegserscheinung - eigentlich erst der Gegenwart, die
sich als Programm heute an den Namen Gorbatschow, Clinton, Toni Blair, Joschka
Fischer, Mandela, Kostunica und Djindjic zwar festmachen lassen.
Der Staat als ethische
Legitimation, der Staat als Ursache von Verbrechen.
Daß
im allgemeinen Hegemonialwahn nach dem 1. Weltkrieg noch - angesichts der
Alternative Erfolg oder Niederlage, Ehre oder Schmach, Fressen oder
Gefressenwerden moralische Bedenken als Schwäche, als fehlende Loyalität und
als mangelnder Patriotismus und damit auch als mangelnde Moral gepredigt,
empfunden, geglaubt und natürlich auch bestraft wurde, führt ja über die recht
einfache Frage, >Erfolg und Ehre, bzw. Erfolg als Ehre für wen oder
was< zu der ebenfalls scheinbar
ganz naheliegenden und scheinbar einfachen Antwort >nämlich für den König
oder Führer, für`s Vaterland, für die Nation, für die christlichen Werte
usw.< zugleich, besonders für Deutsche, zu der eigentlich schwierigsten
Frage moderner Zivilisation in Europa, wie sich damals unser christlicher
Glaube bzw. unsere christliche Ethik und Tradition als abendländisches und
jeweils nationales Elitebewußtsein „höherer ethischer Qualität und Legitimität“
mit den Absurditäten einerseits und der Barbarei der Kolonialisation, der
endlosen Kriege und schließlich der Weltkriege andererseits vereinbaren ließen,
da unser Vorbild Jesus ja eindeutig ein gegenteiliges Verhalten verlangt.
Denn
besonders als Deutscher ist es einsichtig, daß die Deutschen der wohl
frommsten, ordentlichsten und vielleicht sogar gebildetsten Nation durch jenen
Diktator Hitler wohl kaum so ganz plötzlich zu schlechteren und unchristlichen,
gottlosen Menschen und Idioten wurden. Denn es waren ja die Juden, die sich wie
Jesus verhielten und ganz ohne Spekulation auf irgendeinen Märtyrergewinn zur
Schlachtbank führen ließen, was bis heute keiner versteht.
Natürlich gibt
es die zu einfachen Antworten:
Þ Von den „Zeugen Jehovas“ derart, daß seit Constantin alle christlichen
Kirchen versagt hätten und in die Hand des Teufels gerieten und zum Werkzeug
des Teufels wurden.
Þ Kritiker wie Angehörige aller Religionen behaupten, daß die jeweilige
Religion und der jeweilige Glaube bereits immer politisch für irgendwelche
Machtinteressen instrumentalisiert und mißbraucht wurden, wobei die Ersteren
jede Religion und Letztere jede Politik für das eigentliche Übel halten.
Þ Christen aller Konfessionen und Nationen empfanden - und glaubten dies
auch - , daß es christliches Gebot sei, sich dem Staat unterzuordnen, der von
Gott jeweils verordnen sei.
Þ Die Linken behaupten, daß Hitler zum Lakaien der Großindustrie wurde,
und daß der Faschismus das wahre und zwar häßlichste Gesicht des Kapitalismus
sei und sich als solches gezeigt habe.
Þ Kosmopoliten, Liberale und Kapitalisten behaupten sogar selbstkritisch,
daß im Gegenteil oder zugleich die Industrie und das Kapital zum Lakaien
Hitlers, des Staates und des Nationalsozialismus geworden seien, was in Zukunft
generell nur durch eine industrielle Globalisierung zu verhindern sei.
Þ Nicht zuletzt kennen wir das verbreitetste Argument, daß Staatstreue
und die Anerkennung von Recht und Ordnung zum normalen Anstand und zu den
selbstverständlichen Grundpfeilern jeder und auch der christlichen Zivilisation
gehören, und daß die Kriege und Staatverbrechen nur die Fehlleistungen der
Staatsführer seien, wovor sich der moderne und mündige Mensch als Schutz davor,
potentieller Täter wie auch potentielles Opfer zu werden, nur durch Demokratie,
demokratische Kontrolle und Mitbestimmung schützen könne.
Þ Die mit der Aufzählung bereits dargestellte Vielschichtigkeit findet
sich nicht minder treffend wie ungenau in dem Argument gegen Faschismus und in
der allgemeinen Beobachtung besonders neofaschistischer Erscheinungen wieder,
wonach dieses wie eine Krankheit sowohl Ursache wie Folge chauvinistischen
Charakters und Denkens sei.
Þ Ich persönlich wachte auf unserer Erde 1933 - d.h. bewußt
wahrscheinlich 10 bis 20 Jahre später - noch in Verhältnissen mit einem
ähnlichen entsprechend chauvinistischen Selbstverständnis des Mannes auf, in
denen nicht nur in Deutschland und nicht nur bei Faschisten und keineswegs nur
bei Männern, sondern gerade bei Frauen, denen faktisch mit der Ehe tatsächlich
ihr Eigentum genommen wurde, ein solcher Chauvinismus als männlich und
erstrebens- und besonders liebenswert galt, wodurch die Kriege erst möglich
wurden.
Þ Die Kunstwissenschaften haben bezüglich faschistischer Kunstdoktrin
nach dem 2. Weltkrieg trotz löblicher Parteinahme gegen den Faschismus im
Prinzip hauptsächlich Ästhetisch-Rhetorisches und Polemisches aber kaum
Analytisches hervorgebracht.
Aber
wenn auch all die oben skizzierten Antworten, zu denen ich noch weitere
Kausalitäten und noch weitere Schichten unseres Selbstverständnisses hinzufügen
muß, ihre Richtigkeit und sicher ihre unterschiedlichen Stärken und Schwächen
haben, so wäre z.B. mit dem Begriff „Chauvinismus“, den wir als Umschreibung
einer bestimmten Art von Männlichkeit kennen, die es überall gibt, weder der
historische Faschismus noch der Neofaschismus bereits verstanden.
Wenn
wir nun ganz einfach fragen, wie es für ein Geschehen überhaupt so viele und
noch viel mehr unterschiedliche und sogar gegensätzliche und mehr oder weniger
richtige Gründe für ein bestimmtes geschichtliches Geschehen geben kann, dann
erklärt sich das zum einen natürlich dadurch, daß eben viele unterschiedliche
Menschen an so einem Prozeß des Geschehens beteiligt sind, wie dann natürlich
auch an dem Prozeß des nachträglichen Verstehens, zum anderen natürlich
dadurch, daß das menschliche Verhalten auch eines einzigen Menschen auf ein
sehr vielschichtiges Selbstverständnis zurückzuführen ist.
Die
Vielschichtigkeit kann man systematisch oder kategorisch zurückführen auf oder
begründen z.B. mit der ontischen, physischen, psychischen, sozialen und
gesellschaftlichen unterbewußten und bewußten Kategorie samt der in dieser
Weise oder jener Weise durch Erziehung, Schule, Erfahrung und Lebensumstände
zufällig entstandenen jeweiligen Lebenskonzeption.
Ich
glaube, ein Menschenleben würde nicht ausreichen, alle Bücher zu lesen, die
unser Handeln und besonders den Faschismus derart zu erklären ansetzen.
Kasten
Konklusion
Wegen der aktuellen und von aller Welt ohne Zweifel aber zu Unrecht sehr lächerlich empfundenen Diskussion der Deutschen, ob man auf seine Nationalität stolz sein könne und was das bedeute, und da die folgende Analyse solcher verschiedenen Schichten unseres Selbstverständnisses als Antwort auch darauf langwierig und schwierig ist, will ich das Resultat schon vorwegnehmen, was man heute vielleicht als
„.Paradigmenwechsel durch Begriffsbildung“ überschreiben würde.
Die ethische Katastrophe ist als Katastrophe der Weltkriege kaum vom Ethischen einer heutigen Position her zu verstehen, wie es versucht wird. Man müßte dann aus heutiger Sicht z.B. den auf allen Seiten bis heute noch sehr populären Afrikakrieg als einen Streit von Kriminellen untereinander auf gestohlenem Boden um die Beute sehen. Churchill kämpfte nach seinen eigenen Worten um sein zusammengeraubtes Weltreich, so auch Frankreich, diese beiden teils gegeneinander aber am Ende miteinander gegen die Absicht Hitlers, sich ebenfalls ein deutsches Weltreich zu „schaffen“. Es wäre absurd undmißverständlich, Churchill, De Gaulle, Rommel, Duce und die Millionen beteiligten Soldaten neben Hitler einfach als Kriminelle zu sehen. Auf allen Seiten war solche Moral undenkbar und wäre als Demoralisierung wahrscheinlich mit dem Tod bestraft worden. Nach Hitlers Ansicht hatte die ethisch orientierte Weimarer Demokratie nur dazu geführt, sich den Wölfen auszuliefern, die in den Demokratien in England und Frankreich eben das Böse gegen Deutschland beschlossen. Man kann sich eben durchaus auch eine demokratische Räuberbande vorstellen, in der das Kriminelle die Mehrheit bildet. Roosevelt und die meisten amerikanischen Soldaten führten ihren Krieg sicher mit der Vorstellung, für das Gute gegen das Böse zu kämpfen. Aber bereits Eisenhauer käme heute zusammen mit Hitler, Stalin, Churchill, De Gaulle und Duce vor das Haagener Kriegsverbrechertribunal.
Daß solche rein ethische Betrachtungsweise nach heutigem Standart damals nirgendwo und bestenfalls in sozialistischen Ländern möglich war, ist das Problem.
Wie ich in meinem Aufsatz über die Haut und weiter unten mit dem freundlicheren Vergleich zwischen dem typisch kontinentalen und dem typisch britischen Inseldenken noch zu verdeutlichen versuche, muß man zwar jede und gerade diese noch junge und unvorstellbar grausame jüngste Vergangenheit mit solchen heutigen Augen sehen, aber man kann sie derart weder verstehen noch eine Wiederholung verhindern, wenn ich richtig voraussetze, daß die Menschen in den letzten 50 bis hundert Jahren weder besser noch schlechter geworden sind.
Zu verstehen gilt nämlich das, was der englische Philosoph Bertrand Russell scheinbar ganz abwegig als ein grammatisches Problem bezeichnet: Wenn wir heute ganz selbstverständlich den Staat so definieren, daß von einem Territorium ausgehend Recht und Ordnung, Macht, Kultur, Sprache, Außenpolitik usw und selbst der patriotische Stolz auf sein Land legitimiert und zugeordnet ist, und zwar auch als modernes Selbstverständnis so steht dem ein altes archaisches ganz „natürliches“ und sogar ontisch mit unserem Denken und Denkvermögen verknüpftes Selbstverständnis immer zugleich gegenüber, mit dem sowohl die eigene Existenz wie die Verfügungsmöglichkeit und -gewalt und der Verfügungsbereich - auch der territoriale - ganz gegenteilig erst die Folge von Leben, Erfolg, Macht, Ordnung, Sprache usw. ist. Russell würde sogar behaupten, daß Ersteres ohne das Letztere nicht lebensfähig wäre, und zwar, weil es langweilig wäre.
Dieses ontisch und genuin aber dennoch archaische Lebensprinzip, das bereits im Mutterleib mit der ersten Zellteilung beginnt, alles andere als Nichtich mit der eigenen Körperlichkeit zu verdrängen und das mit dieser Fähigkeit auch erst lebensfähig ist, wobei dann später der Verfügungsraum oder Verfügungsbereich utilitär durchaus auch auf andere Lebewesen und auch über andere Menschen ausweitet, vergleiche ich weiter unten bewußt kritisch mit dem Verhalten der Affen im Affenstall oder der Hühner auf dem Hühnerhof, wo sich die Sozialisation nach dem Prinzip der Hackordnung gestaltet. Völlig mißverständlich nennt man dieses Gerangel heute angesichts der Globalisierung „Neoliberalismus“. Nach diesem archaischen Prinzip entstanden und bestehen Sprachen, Kulturen, Konventionen, aber auch die meisten heutigen Staaten und Nationen.
Selbst im heutigen Selbstverständnis würde man ein Kind, das sich seinen eigenen Bereich nicht erkämpfen und behaupten kann oder will, als Fehlentwicklung und als krank bezeichnen; ich werde im Folgenden einen solchen Menschen als Mensch-X oder Kultur-X bezeichnen.
Die Raub- und Eroberungszüge der Hunnen, Goten, Wickinger, Franken und später die der Kolonialmächte betätigten sich ohne Zweifel als Räuber, Mörder und Kriminelle, aber sie trafen überall auf Sozialgebilde, die keineswegs nach heutigem Maß unschuldig waren sondern nach dem gleichen archaischen Prinzip entstanden waren und bestanden. Schließlich war die Welt einst von Afrika aus erobert worden, wie wir heute wissen.
Was aber ein menschlicheres, ethisch bestimmtes wie das moderne Staatsbewußtsein eigentlich bedeutet und wie sich dieses mit dem ontisch wie genuin diesem zugrundeliegenden Existential vereinbaren läßt, ist seit etwa 5000 Jahren das Anliegen der großen Philosophien und Religionen
Um zu verstehen, müssen wir versuchen, uns in das alte Selbstverständnis hineinzudenken, das natürlich die ganze Begrifflichkeit umfaßt und das Gerangel auch im modernen Alltag noch bestimmt.
Die Begriffe Empirie
Freiheit und Verantwortung.
Als
weiteres aber noch grundsätzlicheres aber ähnliches modernes Phänomen von
Problematik kommt natürlich hinzu, was im Folgenden zu den wichtigsten
Argumenten gehören wird, daß die Handlung des Menschen trotz einer bestimmter
Struktur und Veranlagung nicht nur als und als Folge solcher Struktur und
Veranlagung, Erziehung usw. empirisch verstehbar ist, denn der Mensch ist kein
Automat, wie er zudem auch nicht allein als Folge seiner jeweiligen eigenen
Logik und Vernunft bzw. Unvernunft empirisch und empirisch verstehbar handelt,
sondern daß er sich - wie übrigens in den meisten Fällen irgendwelcher
Bewegungen und Handlungen - spontan und eben auch ganz willkürlich so oder so
verhält, - ob man z.B. einen Bleistift zuerst oben oder unten anfaßt, ob man
das Gute tut und das Böse läßt oder umgekehrt, wofür man vor sich, vor den
Mitmenschen und vor Gott verantwortlich ist. Dennoch können wir einen Menschen
in seiner ganzen jeweiligen Komplexität erkennen, so daß, wie schon gesagt, ein
Mensch einer bestimmten Region den Menschen einer anderen Region anhand von
Aussprache und Gestus einordnen kann.
Der Teufelskreis des Bösen.
Wir
sehen aber an dieser Komplexität ganz deutlich das Bild der russischen
Mamutschka, wie sich z.B. solcher Chauvinismus im Denken, Handeln, in der
Familie, im Staat wie dann auch im internationalen zwischenstaatlichen
Verhalten und Verhältnis erkennen läßt. Und die Tatsache, daß der betagte
deutsche Duden auch heute noch - ganz wörtlich - Chauvinismus als gesteigertes
Selbstbewußtsein definiert, zeigt nur zu deutlich, wie unverstanden auch heute
noch dieses Abhängigkeitsverhältnis der verschiedenen russischen Puppen
untereinander ist, ob die Verhältnisse, ob die Gesellschaft als die „objektive
Natur“ verstanden, in der ja nun unzweifelhaft der Stärkere, Reichere,
Gebildetere und noch immer wohl ganz eindeutig der Mann gegenüber dem
Schwächeren, Ärmeren, Ungebildeteren und gegenüber der Frau alle Vorteile hat,
unser Denken und unser subjektives Selbstverständnis bestimmt, entgegen der
wohl logischeren - aber eben nur logischen - Antithese, daß es nicht die
Verhältnisse sind sondern das Denken und das Selbstverständnis des Menschen,
aus dem solche unmenschlichen Verhältnisse resultieren, dem ja unser
christliches Weltbild entgegensteht oder entgegenstehen sollte.
Mensch und Gesellschaft.
Die
angedeutete Vielschichtigkeit jeder menschlichen Problematik bei der unüberschaubaren
Anzahl verschiedener Aspekte menschlichen Verhaltens akkumuliert im konkreten
Alltag sowohl im privaten wie im politischen Denken von selbst und ohne
Systematik seit je, aber seit der Modernen der Demokratien einerseits und der
auch für die Allgemeinheit geforderten Selbstbestimmung und individuellen
Freiheit andererseits, auch explizit zu dieser relativ einfachen Dualität von
Mensch und Gesellschaft, Individuum und Staat, Privatheit und Öffentlichkeit.
So
ist es real. Und ohne Zweifel gibt es ja auch diese beiden Aspekte, die wir
aber nicht mit unseren beiden Koordinaten Subjekt-Objekt verwechseln sollten,
die ja ebenfalls bereits eine Vereinfachung in unserem normalen Denken
bedeuten. Mit dieser im modernen Staats- und Nationsbewußtsein naheliegenden
aber vordergründigen Sichtweise vereinfacht sich die Problematik selbst
natürlich nicht sondern führt im Gegenteil nicht nur im Verständnis sondern
erst recht in einem daraus resultierenden Verhalten des Menschen und der
Politik - als Vertretung der Gesellschaft „und/oder“ als Vertretung des
privaten Menschen verstanden - zu merkwürdigen Absurditäten in unseren
logischen, politischen, philosophischen, ethischen und religiösen
Selbstverständnis und Verhalten - und zwar ungewollt, fast unbemerkt und kaum
vorhersehbar. Und gerade wo wir z.B. bereits diese beiden sicher wichtigen und
wesentlichen Gesichtspunkte jeder modernen Gesellschaftsordnung, nämlich Mensch
und Gesellschaft gedankenlos mit jenen Koordinaten Subjekt und Objekt, bzw.
Subjektivität und Objektivität nur einfach vermischen, verwechseln oder
gleichsetzen, sind wir schon latentes Opfer einer solchen Absurdität, wenn
dabei der Mensch als das Subjekt, als das Subjektive, Zufällige, Ungenaue und
dazu Sterbliche Opfer des Staates wird, der dabei als das Objektive,
Wissenschaftlich-Erfaßbare, Empirisch-Reale quasi als Übermensch gedacht und
dann angewandt werden kann, zu etwas, das dem Menschen übergeordnet ist und dem
der Mensch dann auch geopfert werden kann.
Daß
nämlich allein schon in dieser Dualität von Mensch und Gesellschaft gedacht ein
Übel sowohl die Ursache wie aber auch zugleich die Folge von einem Übel sein kann und als
solches gedacht werden kann und auch gedacht wird, ist bereits für sich allein
schon das beste Beispiel von einem Teufelskreis, indem sich das Böse verstärkt,
und in den ganz Europa und praktisch die ganze Welt hineingeraten war. Der
Mensch als Produkt der Gesellschaft verstanden würde böse durch eine böse
Gesellschaft.
Und
ehe ich die Schwierigkeit und die Notwendigkeit, die eigentliche christliche
Menschlichkeit gegen solchen chauvinistischen Realismus und Darwinismus zu
vertreten, beschreibe, sollte ich nochmal das gewichtige
marxistisch-leninistische Argument des vorigen Jahrhunderts gegen den
Subjektivismus, gegen den Glauben und gegen die Kirchen betonen, wie es heute
noch weit verbreitet ist, wonach es die Starken, Reichen und Mächtigen - also
die Winner - sind, die den Armen und Untertanen den christlichen oder
islamischen Glauben nur deswegen predigen und durch bestallte Kirchen predigen
lassen, um ihre eigenen Privilegien zu schützen und um das Volk in
Wohlverhalten, Untertänigkeit und Selbstaufopferung zu halten, was sicher auch
faktisch weitgehend das mehr oder weniger heimliche aber durchschaubare Motiv
war, Kirche, religiöse Unterweisung und Religion staatlich zu fördern und zu
finanzieren. Man ersparte sich dadurch Kritik, Widerstand, Aufstand,
Revolution, Enteignung und entsprechende Schwierigkeiten, und man sparte
dadurch an Polizei und Militär.
Es wäre weltfremd, solches ganz zu bestreiten. So ist denn der Kommunismus, welcher Variation auch immer, die typisch dialektische Mischung aus typisch britischem Realismus und kontinentaler aber irrationaler Romantik, was ich noch etwas eingehender miteinander vergleichen möchte, ohne aber bis heute eine andere als nur die empiristisch-logische Grundlage zu haben, nach der ein Staat nicht anders als der Mensch
à einerseits, und zwar in typisch britischer Nüchternheit und Sachlichkeit, eine berechenbare Sache innerhalb einer natürlichen mehr oder weniger berechenbaren Natur ist und auch so behandelt wird,
à während andererseits die eigentlich unnatürliche und romantische Zielvorstellung einer menschlicheren Welt, eines humanen und gerechten Staates und eines daraus resultierenden menschlichen und nicht-unmenschlichen Menschen, nämlich des Kommunisten, zwar selbstverständlich ist aber im wissenschaftlichen Kommunismus als Lehre ohne Begründung blieb.
Die Unmenschlichkeit des Menschen als Produkt ungerechter und unmenschlicher Verhältnisse, wie sie ja am Anfang des 20. Jahrhunderts nun tatsächlich bestanden, sollte dadurch beseitigt und in Menschlichkeit verwandelt werden, daß man zuerst gerechte und menschliche Verhältnisse herstellt, wonach dann auch der Mensch menschlich sein könne und dann merkwürdiger Weise auch sein würde, was eine löbliche aber keineswegs damit auch begründete Theorie, Hoffnung oder Prämisse ist, - in der Realisation wäre es aber mit den Menschewiki kaum weniger blutig und kriegerisch hergegangen als es den Bolschewiki geschah, um sich an der Macht zu halten. Man sollte ja auch nicht verkennen, daß die übrige Welt der Starken, Mächtigen und Reichen in panische Angst geriet, daß solcher Versuch dennoch gelingen könnte, und was sie zu hindern und auch militärisch und in jeder Weise zu verhindern suchte, wo immer es ging.
In einem Bilderbuch würde man die Weltgeschichte des vergangenen modernen Jahrhunderts nun etwa so schildern, als ginge es hier um zwei Personalitäten, daß nämlich der Staat nun das böse und unzuverlässige Subjekt mit Gewalt, Bedrohung, Erpressung und Verlockungen zum untertänigen Wohlverhalten zwang, in der UDSSR genau so wie im Faschismus Europas wie dann auch im folgenden „Kalten Krieg“ auf allen Seiten, wo dann weiter im Namen des Staates auf beiden Seiten, im Osten wie im Westen, wie aber besonders in der sog. 3. Welt, in Armenien, in Spanien, Griechenland, Indochina, Afrika, China, aber auch in den Kernländern der UDSSR, Europas und Amerikas dem Menschen, d.h. dem Subjekt unvorstellbares Leid angetan wurde, wobei „der Staat“ auf allen Seiten im Kampf für eine bessere Welt immer martialischer wurde und vor Waffen so strotzte, daß man damit auf allen Seiten nicht nur viele Millionen Menschen getötet hat, sondern die ganze Menschheit tausend Mal hätte vernichten können.
Staat, Subsidiarität,
Sprache und Wissenschaft.
Obwohl es wohl schwierig ist, ohne den oben schon genannten Paradigmenwechsel einer Begriffsbildung von einer geistigen Entwicklung - und zwar zum Besseren und Richtigeren hin - zu sprechen, wie ich es geradezu beschwöre und beteuere, und obwohl es falsch wäre, von einem Mehr oder Weniger an Entwicklung auf dem Kontinent oder auf den Inseln wie z.B. Großbritanien oder Australien, Cuba oder Madagaska zu sprechen, so will ich bei dem dennoch bezüglich des unbezweifelbaren und ja unglaublichen Entwicklungsschubs des vergangenen Jahrhunderts, wie ihn die Menschheit nie erlebt hat, (als sei in der Tat der Krieg der Vater aller Dinge,) aber aus einem ganz anderen Grund bei allem einen grundsätzlichen Unterschied zwischen Insel und Kontinent fokussieren, wie er sich unterschiedlich im Denken und Verhalten über das und als das Verhältnis von Staat und Subjekt ergab und ergibt, und zwar deswegen, weil sich die Menschheit, wie gesagt, mit einem unaufhaltbaren Tempo auf eine Situation zubewegt, die eben der einer Insel entspricht, nämlich einer Menschengemeinschaft auf der Insel Erde. Und dieses geschieht weit radikaler, als es sich Hobbes vorstellen konnte, wobei auch das z.B. besonders Typisch-Britische oder Typisch-Australische, Cubanische usw. weit radikaler auftreten wird, als in den genannten Inselstaaten, die durch vielerlei Interessen und Querverbindungen und Bindungen vom jeweiligen Festland stark beeinflußt waren und sind, und wodurch sich dieser Unterschied weitgehend sogar ausglich oder verdeckte.
Denn spätestens seit dem ersten Sputnik ergibt sich die Frage, in welcher berechtigten und richtigen wie unberechtigten weil irrigen Weise beeinflußt das unabänderliche und ja auch „natürliche“ und nur mit großem Aufwand zu überwindende geographische Begrenztsein der menschlichen Lebenswelt und unserer menschlichen und irdischen Existenz unser Denken und Handeln in der Zukunft bzw. in der Organisierung und Vorbereitung der Zukunft, was ja bereits Thema jeder Parlamentsdebatte ist, sei es in den vereinten Nationen oder in den nationalen und regionalen Parlamenten und was als inzwischen globalisierte internationale Antiglobalisierungsbewegung von sich reden macht.
Die im Gegensatz zum nüchternen Rationalismus und Pragmatismus z.B. britischen Denkens einst fast religiöse Irrationalität kommunistischer Romantik als Ziel und Traum einer besseren und heilen Welt und zwar als selbstverständliches Selbstverständnis einerseits und Doktrin andererseits resultierte aus der tatsächlich fehlenden natürlichen Grenze eines wissenschaftlichen Anspruchs einerseits und der deswegen fehlenden Definition einer Grenze, - zwischen Staaten ebenso wie zwischen Menschen und zwischen Natur und Mensch, Objekt und Mensch und Staat und Mensch, weswegen in der UDSSR definierte Regionen ganz logisch zentralistisch nur als verwaltungstechnische Zuständigkeitsbereiche und nicht als Religions-, Kultur- und Sprachbereiche definiert und gehandhabt wurden, was nach Wegfall des Zentralismus auch zu einem Auseinanderfallen tendierte und auch führte. Mit anderen Worten: Entgegen der regionalen Begrenztheit staatlicher Gesetzgebung und nationaler Konventionen, Lebensregeln und Gewohnheiten usw. wozu zunehmend auch die Sprachen gehörten, galten im Selbstverständnis moderner Wissenschaftlichkeit wissenschaftliche Erkenntnisse und als solche auch der Kommunismus überregional und universal und wurde mit jeder anderen Wissenschaftlichkeit selbst über jede kirchliche und theologische Kompetenz erhoben.
Und daß gerade die Bedingung wie die Bedingtheit einer geographischen Grenze - ob nun natürlich oder künstlich - auch für das individuelle und subjektive Selbstverständnis auch in der einstigen UDSSR eine Rolle spielte und ein allgemeinmenschliches Bedürfnis und natürliches Bedürfnis zu sein scheint, zeigt der Hang, sich z.B. mit der Fußballmannschaft der „eigenen“ Stadt oder des „eigenen“ Landes zu identifizieren, was immer dies heißt, oder wie es geradezu in jeder Hinsicht sinnbildlich war, wie das Ende der MIR im Jahre 2001, die nun in der Tat jede geographische Grenze des Irdischen überwunden zu haben schien, aber den Menschen im geographischen Bereich der ehemaligen Sowjetunion in einer besonderen Weise und in einer unterschiedlichen Weise berührte, als alle anderen Menschen der Erde.
Ein ähnlich starkes, aber in der Substanz ganz anderes Nationalgefühl konnte ich vor einigen Jahren auf den britischen Inseln beobachten, und zwar als jemand mit diesem allgemeinen britischen Gefühl spielte, indem er den Aprilscherz verbreitete, Indien habe das Englische als Amtssprache aufgegeben, womit er ein regelrechtes ungläubiges Erschrockensein auslöste und auch auslösen wollte. Diese für mich hochinteressante Beobachtung des britischen Erschrockenseins über die Falschmeldung darüber, daß nun Indien die englische Sprache aufgeben wolle, bedeutete nichts anderes aber nicht nur, als daß nun der Brite ein Stück weiter auf seine Insel zurückgeworfen und dort eingesperrt würde, sondern mit einem noch grundsätzlicheren Akzent, der für einen Kontinentalen schwer nachzuvollziehen ist.
Diese beiden beschriebenen Gefühle und zwar als Patriotismus bei dem Ende der MIR im ehemaligen regionalen Bereich der UDSSR und ganz anders bei jenem Aprilscherz auf der britischen Insel haben dennoch etwas Gemeinsames: Was für einen wissenschaftlichen Sozialismus eigentlich überregionale Bedeutung und Universalität beanspruchte, war als Identitätssymbol oder Erkennungszeichen nur des Ostblocks quasi verkommen und längst zu einem zwar überregional gültigen Vorzeichen aber nur einer Region, nämlich der sog. 2. Welt geworden, als Ausdruck sowjetischer Univeralindividualität, wie es für den Briten wegen des fehlenden Bewußtseins einer künstlichen Begrenztheit von Nation und Sprache - eben wegen der natürlichen Begrenztheit - als Bedrohung der Gültigkeit der eignen britischen Universalindividualität empfunden wird, oder sehr vereinfacht ausgedrückt, als Bedrohung der Verständlichkeit oder des Verstandenwerdenkönnens durch die englische Sprache.
Dennoch interessiert hier insbesondere der Unterschied zwischen dem Selbstverständnis innerhalb der natürlichen und selbstverständlichen Grenze einer Insel und den künstlichen Grenzen des Kontinents. Nach unserer Theorie führt ersteres einerseits zu einem Verlust - oder auch einer Minderung - von Irrationalität und Romantik mit dem Gewinn von Rationalität und Wirklichkeitssinn und der Gefahr des Empirismus, je selbstverständlicher und vielleicht auch sicherer der eigene Gültigkeitsbereich war, während im Fall der künstlichen Grenze und des künstlichen Begrenztseins geographischer Zugehörigkeit womöglich auch das Gefühl der Künstlichkeit aller anderen Gültigkeiten - wie Gesetze, Sprache, Kultur usw. - und überhaupt der Begrenztheit der eigenen Gültigkeit und auch empirischer Wahrnehmung einhergeht mit eben dem Verlust von Rationalität und dem Gewinn einer Offenheit für alles, was über oder jenseits der eigenen Wahrnehmung und Gültigkeit liegt, mit der Gefahr spekulativen und irrationalen Verhaltens und Denkens.
Der
kontinentale Idealismus "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit,
Gerechtigkeit usw.", d.h. diese kontinentale Romantik einer heilen Welt
besaß als Gegensatz zum britischen Realismus ganz real ausgehandelter Verträge
mit jeweiliger Obrigkeit keinen natürlichen Geltungsbereich, der wegen der
fehlenden engen und natürlichen geographischen Grenzen, wie auf der Insel, nur
die globale Gültigkeit sein konnte, was vor der Raumfahrt aber nicht als Grenze
sondern als Alleingültigkeit erscheinen mußte.
Obwohl
hier in meiner Skizze als geographische Grenze sehr einfach und möglichst
plausibel und dafür sehr vordergründig als etwas Objektives dargestellt, ist
dies jedoch im Selbstverständnis des Subjekts, der Ehe und Familie, des Staates
und des Verhältnisses zum anderen Menschen besonders in der übrigen Welt noch
keineswegs verstanden. Dieses wird deutlich, wenn wir einmal den ursprünglichen
Zusammenhang der verschiedenen Puppen oder psychischen, physischen, sozialen,
nationalen oder internationalen Ebenen bis zur Globalen hin und auch in die
andere Richtung bis zum Kern menschlicher Existenz weiterdenken.
Hierbei
können wir erstmal nicht so grundsätzlich auf den Grund gehen, wie es Prauss
fordert, weil dabei jener reale Unterschied, der durch die seine Deutlichkeit
verlieren müßte
Wir
müssen in einem Vordergrund bleiben, wo Prauss dem dogmatischen Empirismus
einen erkenntnistheoretisch verstandenen Praktizismus entgegenstellt, womit der
Mensch eben nicht als passiv empfangendes sondern bereits im Selbstverständnis
oder Selbstbewußtsein auf der untersten bzw. höchsten Ebene als.
Lorbeeren oder faule Tomaten
Es geht bei diesem Unterschied zwar in der Hauptsache aber nicht unmittelbar um das Problem des Staates im Sinne von Subjektivität und Objektivität, sondern um zwei unterschiedliche Dispositionen, beides zu sehen, die sich sehr einprägsam an dem Vergleich britischer und kontinentaler Sichtweise verdeutlichen läßt, wobei man natürlich, wie gesagt, beides auf beiden Seiten antrifft nur mit unterschiedlicher Gewichtigkeit. Gewissermaßen geht es um den Hintergrund beider Sichtweisen, als würden wir beide Koordinatensysteme addieren. Und so werden mich Briten, so ich ihnen das eine zuschreibe, mit Lorbeeren schmücken, wenn ich z.B. behaupte, daß jenes typische Inselgefühl einer derart selbstverständlichen Allgemeinheit des natürlichen Sprachbereichs ein auch individuelles Gültigkeitsgefühl von Allgemeingültigkeit vermittelt, wie es nicht ohne britisches Vorbild der moderne Menschen überall in der Welt, ob in Afrika, Australien, Rußland oder China z.B. als Member der Menschenrechtskonventionen ebenfalls auch subjektiv globale Allgemeingültigkeit einfordert und in einem allgemeingültigen Selbstverständnis als Mensch zumindest langsam entwickelt.
Aber die Briten werden mich im anderen Fall mit faulen Tomaten bewerfen, was ich natürlich ganz sinnbildlich meine, wenn ich als die andere Seite der typischen Neigung einer Inselmentalität als Unart oder Gefahr anführe, nämlich jene britische wie auch modern-globale Allgemeingültigkeit als neuen mittelalterlich-antropozentrischen Gültigkeitsanspruch - und zwar naturgemäß mit jener empiristischen Dogmatik zu vertreten, wodurch auch der Mensch und insbesondere der jeweils andere Mensch zu einer Sache wird..
Aber mit solchem Vergleich der Insel zum Kontinentalen kann ich mich, wie noch öfters im Folgenden, auf den Briten Bertrant Russell berufen, der, wenn auch ohne oder mit ganz anderer Erklärung, mit folgenden Worten im Grunde das Gleiche beobachtet bzw. beschrieben hat:
Bertrant Russell (Philosophie des Abendlandes, EuropaVerlag, Seite 555) „Von Descartes bis Kant leitete die kontinentaleuropäische Philosophie ihre Vorstellung vom Wesen der menschlichen Erkenntnis großenteils aus der Mathematik ab, hielt aber die mathematischen Resultate für unabhängig von der Erfahrung. Infolgedessen unterschätzte sie wie der Platonismus die Rolle, welche die Wahrnehmung spielt, während sie den Anteil des reinen Denkens überbewertete. Der englische Empirismus hingegen war von der Mathematik nur wenig beeinflußt und neigte daher zu einer falschen Auffassung von der wissenschaftlichen Methode. Hobbes verfiel keinem dieser Irrtümer. Erst heutzutage finden wir wieder verschiedene Philosophen, die, obwohl Empiristen, die Bedeutung der Mathematik gebührend betonen. In dieser Beziehung hat sich Hobbes sehr verdient gemacht. Dennoch begeht auch er schwere Fehler, so daß man ihn nicht zu den ernsten Philosophen rechnen kann. Er hat nicht die Geduld, ein Problem bis ins Letzte zu verfolgen, und neigt sehr dazu, den gordischen Knoten durchzuschlagen. Seine Schlüsse sind logisch, was er aber dadurch erreicht daß er unbequeme Tatsachen einfach übergeht. Er wirkt kraftvoll, aber dabei gewalttätig und versteht sich besser darauf, die Streitaxt zu schwingen als das Rapier zu führen Dennoch verdient seine Staatstheorie aufmerksam betrachtet zu werden, um so mehr, als sie moderner ist als jede frühere Theorie, die Machiavellis nicht ausgenommen.“
Das was Max Black als Kunsttheoretiker von der britischen Insel her geradezu übersehen muß, daß nämlich das Problem seiner deswegen so verdienstvollen Grenzziehung eines möglichen empirischen Wissens über Wahrnehmung und Darstellung im Ursprung von seiner Konzeption her gar nicht als ein Problem der Logik, Sprache, Philosophie und Wissenschaft besteht, sondern darin, daß er ganz ähnlich wie Hobbes die Künstlichkeit einer Grenze für ganz selbstverständlich - „selbstverständlich“ auch im übertragenen Sinne - und deswegen für ganz natürlich hält wie die Haut als menschliche Begrenzung, und sie deswegen auch ignorieren kann bzw zu ignorieren neigt.
Denn ohne die Relevanz und Wichtigkeit jeweiliger Verfassung, Konfession, Religion und Regentschaft geringschätzen zu wollen, womit man bis heute versucht, den Staat zu definieren und zu modernisieren, muß man als typisch kontinentalen Makel und als die typisch kontinentale Schwierigkeit das Problem einerseits künstlicher Grenzen sehen, die man definieren, rechtfertigen und verteidigen muß und verändern kann, wodurch sich andererseits die entsprechende Notwendigkeit ergibt, nicht nur den Staat in jeweiliger innerer wie äußerer Form als etwas Künstliches, sondern auch alle anderen entsprechend künstlichen Strukturen jener Mamutschka bis zum Auftritt des Individuums und seiner Gedanken logisch zu begründen. Denn ganz unabhängig auch von der idealsten Staatsform, Grenze, Religion, Konfession oder Kultur, sowohl unter „als natürlich“ wie unter „als künstlich“ verstandenen Dogmen ist der Mensch entweder gut oder aber ein Gauner, und zwar auch unabhängig davon, ob er tatsächlich, faktisch, kontingent richtig oder falsch urteilt oder handelt.
Genau das gilt es aber in einer Kunsttheorie aus der Sicht des Künstlers und Herstellers von „Kunstprodukten“ auch für das Grundverständnis des Staates anzuwenden, daß nämlich das Grundproblem und damit die Grundstruktur auch eines Staates in dem Aufeinandertreffen eines Menschen auf einen anderen Menschen, auf ein anderes Subjekt besteht - mit dem Erlebnis einer nichteigenen Forderung. Denn nichts anderes sind die geheimnisvollen und mächtigen Kräfte, die z.B. angesichts absoluter Freiheit vor der leeren, entweder „natürlich“ oder „künstlich“ begrenzten Leinwand oder einem leeren Blatt Papier wie übermenschliche Dämonen den Künstler einerseits zu einem gehorsamen oder ehrlichen oder mechanischen Seismographen seiner Zeit machen und auch sein ursprünglich animistisches Selbstverständnis als sein Kunst- und Staatsverständnis und über dieses auch den Staat bestimmen, wie er in irgendeiner zufälligen Form schon bei den Herstellern der Höhlenzeichnungen bestanden hat; und andererseits sind es ja die gleichen Kräfte, die der Mensch zum Malen und auch zum Sprechen und Handeln benutzt und seinerseits „instrumentalisiert“, sei es, um ein Kunstwerk herzustellen, sei es, um als moderner Staatsbürger einer Demokratie - in welcher Position auch immer - entweder zu reagieren oder zu handeln, d.h. sowohl passiv, fremdbestimmt zu reagieren wie auch aktiv und selbstbestimmt zu handeln, wie es der Alltag erfordert.
Wenn ich nun jene Begriffe vergleiche, wie sie oben und dann auch in z.B. britischen Kommentaren gegen oder für den Faschismus benutzt werden:
Kunst, Familie, Faschismus, Ehe, Chauvinismus, Krieg, Ordnung, Recht, Kapital, Liberale, Lakaien, Staat, Nation, Politik, Glaube, Religionen, Werkzeug, Teufel,
bzw.
art, family, fascism, marriage, chauvinism,
war, tidiness, law, capital, liberal, flunkeies, state, nation, policy,
credence, faiths, religion, tool, deuce,
dann behaupte ich - eigentlich intuitiv - daß die gleichen Begriffe, die im Deutschen (und auch wohl im amerikanischen Empfinden) insgesamt mehr eine Tendenz zur komplex-mythischen Bedeutung haben, im Englischen dagegen eher zur rationalistischen Bedeutung tendieren, was sich wahrscheinlich durch intelligente Umfragen oder einfach anhand der Synonyme auch festmachen läßt. So würde z,B. die Bedeutung Faschismus nicht nur bei den Nazis und deren Gegner in Deutschland der Nazizeit zur Bedeutung einer mythischen, irrationalen und fast religiösen, übermenschlichen d.h. bei den Gegnern zu einer dämonischen Bedeutung tendieren, während der Faschismus der Hitlerzeit bei den Briten eher nur als militärische Bedrohung des Königreiches in der Hand des Gegners gesehen wird, während englische Faschisten unserer Zeit bei den Gegnern eher belustigt wie das Spiel der Kinder gesehenwird, die Indianer spielen, während bei den englischen Faschisten - selbst der Rassismus - eher nur zur angeberischen, egozentrische Theorie neigt.
Daß beide Verstehensarten, und zwar aller Begriffe der Sprachen und nicht nur was den Faschismus betrifft, im tiefsten Grund aus der gleichen Struktur menschlicher Erkenntnis resultieren, ist selbstverständlich. Es ist eines der großen Verdienste von Gerold Prauss, den ursprünglichen Animismus beider Tendenzen, die wir natürlich in beiden Sprachen und Denkweisen vorfinden, der sich nur jeweils unterschiedlich stark in den Vordergrund spielt, analysiert zu haben, was natürlich nicht über die beiden folgenden Zitate, sondern nur im Gesamttext der Arbeit „Die Welt und wir“ ganz verständlich macht:
Gerold Prauss (Die Welt und wir. Metzler
Verlag, Bd 1/2, Seite 918
Zitat
1:
„Denn nach allem, was wir bisher
wissen, gilt nicht nur phylogenetisch, sondern auch ontogenetisch und sonach in
aufschlußreicher Weise übereinstimmend: Ob als phylogenetisch frühes oder als
ontogenetisch junges, - jedes Subjekt nimmt zunächst einmal von jedem Objekt
innerhalb eines magischen Weltbilds Kenntnis, oder, jedes Subjekt treibt
zunächst einmal mit jedem Objekt Animismus.
Dies jedoch heißt überhaupt
nichts anderes, als daß jedem Subjekt jedes Objekt auch zunächst einmal als
objektives oder anderes Subjekt erscheint, was bisher um so rätselhafter ist
und bleibt, als doch durchaus nicht jedes Objekt auch tatsächlich, faktisch, kontingent, will sagen, auch empirisch solch
ein Subjekt ist. Vor einem Rätsel stehen hier denn auch gerade überzeugte
Empiristen, weil die Lösung dieses Rätsels eben nur ein nichtempirischer
Apriorismus sein kann, den sie desto weniger wahrhaben wollen, da er noch viel
grundsätzlicher gelten muß, als sie für möglich halten können. Denn aus jenen
Gründen, die wir hergeleitet haben, kann nur gelten: Wann und wo auch immer in
Phylogenese oder in Ontogenese erstmals ein Subjekt sich bilden mag, - als
solches selbst tritt ein Subjekt dabei von vornherein gerade so auf, daß es ein
Objekt für sich von vornherein schon immer für ein anderes und damit für ein objektives
Subjekt hält. Weil, als ein Subjekt aufzutreten, und, ein Objekt als ein
Subjekt aufzufassen, unserer Herleitung nach ursprünglich und notwendig
dasselbe ist, tritt ein Subjekt an ein Objekt heran und so als ein Subjekt
hervor gerade dadurch, daß es immer schon mit Animismus oder mit magischem
Weltbild gleichsam vorprescht.
Daraus nämlich können Sie sich weiterhin erklären, daß es für ein solches Subjekt dann auch in der Tat zum Drama werden muß, als Subjekt nicht nur anzufangen, sondern auch noch aufzuwachsen, nämlich auch noch fortzufahren damit, jegliches Objekt zunächst einmal als anderes oder als objektives Subjekt anzusehen: phylogenetisch ebenso wie auch ontogenetisch. Denn je danach, ob ihm solch ein Objekt auch tatsächlich, faktisch, kontingent, will sagen, auch empirisch als ein objektives oder anderes Subjekt begegnet, und wenn ja, wie ihm ein solches Subjekt dann begegnet, wird dies Drama zur Tragödie oder zur Groteske oder zur Komödie oder zur Idylle und so weiter, wie aus eigenster Erfahrung jeder von uns zur Genüge weiß, soweit er sich zurückerinnern kann.“
Zitat
2:
Prauss:
Bd2, Seite 278
„Keinesfalls ist Kant zufolge etwa das Erkennen das Ergebnis des Erkannten, das als ein schon immer wirkliches Objekt dieses Erkennen im Erkennenden hervorruft, wie man schon seit jeher und trotz Kant noch immer meint. Das könnte nämlich nur bedeuten, daß es das Erkannte sei, das etwas unternimmt, was die Erkenntnis von ihm zum Ergebnis hat, und somit letztlich selber dafür sorgt, daß es erkannt wird, was absurder Animismus wäre1. Vielmehr ist, was etwas unternimmt, ausschließlich das Erkennende als Intendierendes, das denn auch immer nur und immer erst, wenn es Erfolg hat, das durch sich Erkannte als das durch sich Intendierte dann zu einem wirklichen Objekt hat, und das heißt: zu einem Artefakt durch sich.“
Denn
auch der typisch britische Glaube eines britischen Faschisten, daß z.B. so
etwas wie Rasse das Denken und Handeln des Menschen wie eine hypnotisierende
fremde Macht bestimmt, ist eine empiristische Abart von verstecktem
Spiritismus, den Prauss in diesem 2. Zitat angreift, während man den typisch
deutschen Animismus im 1. Zitat wiedererkennt, wenn man das ehrfurchtsvolle
Verhältnis fast als Duzverhältnis des Kontinentalen zur Heimat, zu Blut und
Boden, zum Wald, zu Recht und Ordnung, zum Auto, aber auch zur Gemeinschaft,
zur Schule, zum Vaterland usw. beobachtet.
Die
Unterschiedlichkeit im Denken von Insel und Kontinent, die im normalen Habitus
jenen sympathischen Akzent romantischer Tiefgründigkeit der Festländer und
formaler, britischer Sachlichkeit der Inselmenschen ausmacht, entsteht bei
jeweiliger Überschreitung des Normalen also nicht in jener grundsätzlichen
Tiefe Praussche Analyse, sondern im Bereich alltäglicher Orientierung, den Prauss
im 1. Zitat als das Kriterium „tatsächlich,
faktisch, kontingent“ umschreibt, wo also Gedächtnis, Tradition, Erfahrung
je nach Kontext, Intelligenz, Wissen, Denkvermögen usw. das konkrete Leben
bestimmt.
Und
hier auf dieser Oberfläche des Alltäglichen gilt es also, ehe wir noch weiteren
Schichten dieses Alltäglichen nachgehen müssen, erstmal eine Begründung für
meine scheinbar absurde Behauptung zu finden, daß jene geographische Grenze der
Insel, die faktisch aus Felsen, Strand, Kies und Meerwasser besteht, die
Bedeutung jener Begriffe verändert, die nun ja ohne Zweifel etwas Geistiges, -
und wie Russell behauptet - etwas Semantisch-Grammatisches und ganz sicher
nichts Felsiges und Steiniges sind und vom Meerwasser umspühlt sind, wie es nur
ein Poet formulieren dürfte.
Würde
ich eine Begründung in jener Prausschen Tiefe ansetzen, wo ohne Zweifel die
Anfälligkeit für jene Fehlleistungen verständlich wird, nicht aber die typische
Unterschiedlichkeit von Insel und Kontinent herrührt, wäre ich zudem der Gefahr
ausgesetzt, jene nicht oder nur künstlich bestehende oder eben natürlich
bestehende geographische Grenze einer Insel, was nun mal eine Nation und auch
die Sprache in der einen oder anderen Art besitzt, nun selbst bereits wie einen
Determinator zu hypostasieren, der unser Denken quasi spiritistisch
fernsteuert.
Es
ist also jener Alltagsbereich, den Prauss nur mit den Begriffen „tatsächlich,
faktisch, kontingent“ umschreibt, in dem wir diese Grenzen erleben und
berücksichtigen müssen. Es sind die Sprachgrenzen, von wo an auf dem Kontinent
z.B. die Allgemeingültigkeit der eigenen Sprache aufhört und ich eine andere
Sprache sprechen muß. Dort sind die politischen Grenzen, an denen ich meinen
Paß zeigen muß. Aber auch innerhalb des eigenen Sprachraumes kennen wir
verschiedene Grenzen, z.B. die des Normalen. Wir kennen die Grenze der
Lebenszeit, die Grenze unserer Intelligenz, unseres Wissens, die Grenzen der
Berechenbarkeit und Präzision, wie sie Max Black aufzeichnet. Wir kennen mehr
oder weniger genau die Grenzen sprachlicher Verständigungsmöglichkeit, wo wir
z.B. mit Gesten nachhelfen müssen. Wir haben die Grenzen des gesetzlich
Zulässigen zu beachten.
Es
ist einfach einzusehen, daß diese Grenzen bereits durch die Berücksichtigung
ihrer gegebenen Art als Faktizität unser Denken im Alltag bestimmen. Dies ist
auf der Insel nicht anders als auf dem Kontinent und hat nichts mit Animismus
oder Spiritismus zu tun.
Wer
allerdings auf dem Kontinent in der Nähe einer Landesgrenze wohnt und diese
womöglich regelmäßig überqueren muß, wird z.B. seinen Pass häufiger bei sich
tragen als ein Mensch im Inneren des Landes oder als ein Inselmensch, und er
wird eher die andere Nachbarsprache fast ebenso kennen, sprechen und verstehen
können, wie die eigene, und er wird auch Gesetze und Allgemeinbräuche des
Nachbarlandes ganz gewohnheitsmäßig ebenso berücksichtigen, wie die des eigenen
Herkunftslandes. Hierbei hat dann die Selbstverständlichkeit der eigenen
Sprache wie die der eigenen Lebensweise bereits eine Gewohnheitsgrenze und
durch jene Grenze eine ganz andere Grenzfunktion, nämlich gerade die der Verbindung
unterschiedlicher Sprach- und Gewohnheitsbereiche. Diese Doppelfunktion der
Grenze auch im Selbstverständnis, ist in der Auswirkung auf Denken und Handeln
nun weit komplexer und vielschichtiger als es scheint und reicht in den
ethischen, philosophischen bis theologischen Bereich unseres Denkens und
Handelns. So wird durch die bewußte Berücksichtigung der Regeln der anderen
Sprache, der anderen Gewohnheiten, Gesetze und Normalitäten, die Regeln der
eigenen Sprache, der eigenen Gewohnheiten, Gesetze und Normalitäten eben nicht
nur überhaupt erst bewußt, sondern sie erhalten jeweils eine
Individualuniversalität auf beiden oder allen Seiten der Grenze, und zwar als
territorial zugehörige und zugeordnete Gültigkeiten. Selbst ein Lebewesen einer
anderen Welt des Universums würde anerkennen, daß in jenem bestimmten Bereich,
wie z.B. innerhalb der Grenzen Deutschlands, die deutsche Sprache gesprochen
wird und man sich nach bestimmten Regeln und Konventionen verhält. Diese
Universalindividualität gehört als erkanntes Phänomen und als Anspruch zum
Selbstverständnis. Dort stehen also nicht Gültigkeit gegen Ungültigkeit,
sondern die eine universale Gültigkeit als Faktizität neben der anderen, soweit
beide Seiten etwas gesunden Menschenverstand besitzen. Aber auch mit solchem
gesunden Menschenverstand hat diese kollektive Universalindividualität
problematische Auswirkungen. So bemühen sich z.B. die verschiedenen Nationen
des Kontinents seit Jahrhunderten, die Sprachunterschiede zu verdeutlichen und
zu zementieren und sogar auszubauen, obwohl es ja offensichtlich viel
praktischer wäre, sich mit einer gemeinsamen Sprache oder der Annäherung zu
einer solchen zu verständigen, wie es eigentlich natürlich wäre. Und so hat man
sich lieber geeinigt, in der Sprachenvielfalt des Kontinents als gemeinsames
Verständigungsmittel eine zusätzliche Inselsprache einzuführen.
Genau
diese moderne Merkwürdigkeit im Verhalten des Kontinents deutet auf die tiefere
Bedeutung einer Grenze hin.
Wenn
sich nämlich logisch, ethisch und philosophisch die meisten der jeweiligen
Regeln, Gewohnheiten, Gesetze und Bräuche in den verschiedenen Nationen jeweils
unterschiedlich begründen, was auf beiden Seiten einer Grenze entsprechend
unterschiedlich und gegeneinander sogar widersprüchlich aussehen wird, so
erhalten und haben nicht nur diese Regeln, Gewohnheiten, Gesetze und Bräuche
selbst zum einen ihre Individualuniversalität und jeweilige Allgemeingültigkeit
und Legitimität durch die geographisch begrenzte geographische Zugehörigkeit,
sondern eben auch die Begriffe und Bezeichnungen, wobei sich zum anderen jedoch
auch diese Grenze durch die jeweilige eigene Allgemeingültigkeiten legitimiert.
Und letzteres ist eben als ständig drohender Grenzkonflikt zugleich ein
Gültigkeitkonflikt, der das gesamte Selbstverständnis bedroht, weil dies immer
auch bedeuten, daß eine Seite mit der logischen, philosophischen, ethischen und
theologischen Begründung der eigenen Individualuniversalität oder der
jeweiligen und so begrenzten Allgemeingültigkeiten, nicht nur diejenige der
anderen Seite infrage stellt sondern damit auch die Legitimität der Grenze.
Diese Problematik verdoppelt sich nun praktisch noch durch die Umkehrung, daß
nämlich nicht nur der Bewohner oder Besitzer des Territoriums Recht hat, was
die Gültigkeit und Begründung der Sprache und aller übrigen Regeln und Gesetze
betrifft, sondern, daß man z.B. durch Besitznahme oder Eroberungen jenseits der
eigenen Grenze dann auch dort die Richtigkeit der eigenen Argumentation erobert
und bekommt.
Und
wenn man sich hierzu die ganz normale Verschlagenheit und Zwistigkeit des
Menschen, wozu dann noch weitere scheinbar ganz natürliche Gesichtspunkte hinzu
kommen, die ich des weiteren noch anführen muß, womit je nach Bedarf die
Argumentation zurechtgelegt werden kann, dann darf ich mir dabei eben nicht nur
all die geschichtlichen Streit und Kriegsgründe der Vergangenheit vorstellen.
Dieses
bedeutet, daß mit der kollektiven Bewohnung die kollektive Wahrheitshoheit -
eben auch des eigenen Denkens und Verhaltens, - praktisch durch das bewohnte
Territorium, durch Wald und Flur, durch die Heimat, Vaterland, Besitz und
Eigentum überhaupt erst erlangt wird, was als Konnotat in diesen kontinentalen
Begriffen immer mitgemeint wird.
Dies
bedeutet mit einfachen Worten, daß sich mit dem kollektiv bewohnten Territorium
durch die Erfahrung, Möglichkeit und Gefahr mit der künstlichen Begrenzung
sowohl jeweilige Sprache und Wahrheit herstellt, wie auch ihre Gültigkeit.
Durch Zugehörigkeit und Besitz bekommt man Recht.
Diese
absurde Binsenweisheit gilt natürlich auch auf der Insel, aber mit anderen
Folgen.
Weil
sich aber gerade diese typisch kontinentale Absurdität gerade in unserer Zeit
modernen Denkens ganz aktuell ins Bewußtsein unserer Gegenwart drängt, wie wir
in dem weltweiten Kampf um Grenzverläufe einerseits und andererseits um Geltung
bzw. um Gültigkeitsbereiche überhaupt erleben, z.B. im Kampf um Jerusalem und
ganz beispielhaft bei dem krampfhaften Bemühen, Tausende von Kirchen,
Synagogen, Moscheen und Tempel zu zerstören bzw. zu verteidigen, zu erhalten
und wieder aufzubauen, gilt es, dieses Phänomen zu verstehen, das gottlob
weltweit als ein Makel auch kritisch gesehen wird. Gerade aber diese Peinlichkeit
unserer modernen Zeit der Demokratisierung und Globalisierung, der weltweiten
Bildung von Wissen und Informationstechniken, weist darauf hin, wie geradezu
zwanghaft sich eine Effektkausalität als Ursachenkausalität verkleidet, daß
sich also scheinbar Ursache und Wirkung vertauschen, was als unterschiedliches
und gegensätzliches Menschenbild politisch seit je in der Korrelation von
Gültigkeit und Geltung vertauschbar ist, und zwar nicht nur als rhetorisches
Mittel. Wie weit dabei allein das Formale bereits über den Wahrheits- und
Gültigkeitsgehalt von Etwas in unserem Selbstverständnis bestimmen kann, und
was dabei die unvermeidliche wie unterschiedlich mögliche Delegierung einer
Verantwortung für eigenes Handeln an solche Geltung wie Gültigkeit, aber auch
an Naturgesetze, Gesetze, Institutionen und Personen bedeutet, werden wir im
Anschluß später noch untersuchen. Hier gilt es zuerst, mehr die allgemein
bekannten Schwierigkeiten zu erkennen, wo immer Selbstverständlichkeiten der
Vernunft und Logik entgegen stehen, und wo umgekehrt Vernunft und Logik
bestehende - auch ethische - Selbstverständlichkeiten infrage stellen und
gefährden. Natürlich wird heute z.B. niemand mehr die Vernunft und Logik eines
friedlichen Miteinander, eines Subsidiaritätsprinzips und die Vorzüge einer
Demokratie gegenüber jeder Art von Krieg, Diktatur und Despotie bezweifeln, so
bleibt dennoch im Gegensatz zum Inselbewußtsein auf dem Kontinent die
Künstlichkeit der Grenzen und damit die Legitimität und Legitimierung der
umgrenzten Staaten im Vordergrund des Bewußtseins, als etwas durch Raub und
Krieg erst Entstandenes und als Definition besonders bei den jüngeren Staaten
wie Deutschland und in der neuen Welt als etwas künstlich Gemachtes und
Machbares, wo man Sprachen befehlen und verbieten kann, wozu selbst in den
Demokratien gehört, daß man Mehrheiten mit Macht und Geld herstellen und daß
man Gültigkeiten nicht nur inszenieren kann, sondern geradezu muß, um sie zu
verwirklichen.
Dieser
Aspekt reicht entwicklungsgeschichtlich und ontologisch bis in die Anfänge
jeder Sprache, der Menschheit und grundsätzlich auch des individuellen
Lebewesens zurück.
In
diesem logisch wie ethisch eigentlich absurden korrelativen Grenzbereich des künstlich
und ursprünglich mit Gewalt entstandenen umgrenzten Territoriums auch moderner
Zeit, wo das Individuum Teil, Objekt und quasi sogar Eigentum des Staates ist
und mit der Demokratisierung zugleich der Staat kollektives Eigentum des
Subjekts ist, ist der Status-quo des gerade Bestehenden samt der Verfassung
auch mit Gewaltenteilung seine Legitimierung, was nahelegt, daß z.B. geforderte
Veränderungen und bereits die kritische Reflexion dieser Art als
staatsfeindlich wie eine angedrohte Gewalt empfunden werden können, und - etwas
überspitzt gezeichnet - sogar als Gotteslästerung gesehen werden können, als
definiere sich selbst Gott mit dem Status-quo der jeweiligen Landesgrenzen bzw.
mit der jeweiligen Nation. So kam es in den vergangenen Jahren absurder Weise,
und so ist es in den meisten Kriegen auch der Gegenwart, daß alle Seiten den
gleichen Gott anbeteten, ehe sie aufeinander losschlagen.
Zu
dieser Absurdität, die man einfach nicht übersehen sollte, gehört es, daß man
wie seinen Gott nach dem eigenen Land, so auch einen anderen Mensch nach dessen
Land beurteilt, wenn man z.B. von einem Deutschen, Italiener, Franzosen,
Russen, Kroaten oder Serben spricht. Natürlich wird ganz konkret kein Mensch
die Zugehörigkeit zu einem Staat als seine eigentliche Identität empfinden. Der
Mensch und selbst ein Regenwurm ist höher organisiert als der modernste Staat.
Beispielhaft
finden wir in alten vorchristlichen und vorislamischen Nationen als Definition
des Staates nicht nur den eigenen Machtbereich verstanden, sondern eben auch
die eigenen zugehörigen Götter oder den eigenen Gott und zwar gegen die Macht
der anderen und auch gegen die anderen Götter der anderen Nationen behauptet
oder zu behaupten, wie es im alten Testament noch ausdrücklich geschildert
wird.
Ein
letzter Aspekt an Absurdität aber nicht nur in unserem kontinentalen
Selbstverständnis aber als entsprechendes Konnotat auch in unserer
Begrifflichkeit von Mensch und Staat erhalten sollte noch die bereits erwähnte
Selbstverständlichkeit angeführt sein, daß auch das ursprünglich künstlich und
irgendwann und irgendwie mit Gewalt entstandene Territorium samt Sprache und
Gesetzgebung als realer und materieller, quasi empirischer und „dauerhafter“
Wert, über den Wert des zufälligen, sterblichen, untergeordneten, gehorsamen
zugehörigen Menschen und Bewohners gestellt wird, wobei zu verschiedenen
Gelegenheiten vom konkreten Menschen sogar eidlich verlangt ist, die Existenz
des Staates über das eigene Leben zu stellen. Ganz selbstverständlich sprechen
wir vom Staatsdiener.
Ontologisch
verstehen wir Menschen - natürlich ebenfalls auf der Insel genauso wie auf dem
Kontinent - zumindest in alltäglicher Begrifflichkeit ganz selbstverständlich
und „natürlich“ bereits die jeweils eigene Körperlichkeit des Individuums räumlich
als Verdrängung und Abgrenzung zu jeder anderen d.h. fremden Individualität,
wobei Haut und Sinne zugleich die Verbindung zur Außenwelt und zu anderen
Individuen darstellen. Aber auch hier befinden wir uns in der gleichen
begrifflichen Widersprüchlichkeit, daß einerseits auch der eigene Körper
bereits Außenwelt und in den verschiedenen Theologien nur als Territorium oder
Gehäuse definiert ist, das der Mensch als Subjekt nur vorübergehend bewohnt,
während er andererseits zugleich mit dem Körper und sogar durch ihn
identifiziert wird.
Auf
der Insel ergibt sich jedoch durch die andere Aktualität und Erfahrung wegen
der fehlenden künstlichen Staatsgrenze und dadurch, daß dort die eigene
sprachliche und weltanschauliche Rechtfertigung - und damit auch die Rechtfertigung
der eigenen Sprache - nicht auf eine andere Sprache und
deren andere Behauptung und Rechtfertigung trifft und sich nicht bedroht,
relativiert und infrage gestellt sieht, eine andere Struktur der eigenen
Individualuniversalität oder der eigenen Allgemeingültigkeit oder
Rechtfertigung.
So
stößt z.B. der Brite an seinen Grenzen bei dem Übergang vom Land zum Meer nicht
auf ein staatstheoretisches, kulturelles und sprachliches sondern auf ein eher
natürliches bzw technisches Phänomen und Problem, das mit den Begriffen der
eigenen Sprache empfunden, gedacht, formuliert und gelöst wird.
Aus
dieser anderen Situation ergibt sich ein wesentliches Merkmal des britischen
Charms und seines anderen Selbstverständnisses, das gegenüber dem kontinentalen
Selbstverständnis sowohl augenfällige Vorzüge wie aber auch Nachteile zeigt und
zwar als Neigung zu anderen Fehlleistungen, was eben bedeutet, daß wir
Erdenbürger mit der Übernahme der englischen Sprache als Weltsprache nach
Möglichkeit unsere kontinentalen Unarten nicht mehr artikulieren und vielleicht
sogarüberwinden, aber damit auch zugleich die Unarten eines Inselmenschen als
solche erkennen und vermeiden können.
Zumindest
werden wir, wie ich hoffe, mit diesem Vergleich von Insel und Kontinent auch
die Argumente der Globalisierungsgegner und -Befürworter wiedererkennen, die
sich teils eben als Gegner wie als Befürworter auch jener Vorzüge wie Unarten
dieser nationalen Mentalitäten gebildet haben, unter denen die Neofaschisten
mit dem Hakenkreuz und mit Weltherrschaftsgedanken nur eine marginale aber
pathologische Erscheinung sind.
Um
diesen Unterschied im Verhalten des Inselmenschen zum Kontinentalen etwas
überspitzt zu akzentuieren, der im Gesamtverhalten als Mensch natürlich nur
eine charmante oder fatale Nuance ausmacht, würde ich eingangs behaupten, daß
in England ein Dieb aus einem anderen Grund ins Gefängnis gesperrt wird, als
auf dem Kontinent. Während nämlich der Dieb auf dem Kontinent mit seinem
Verhalten die Gültigkeit und Rechtfertigung und selbst den Frieden und die
Schönheit des ganzen Staatsgefüges samt Territorium, samt Glaube und Gott
infrage stellt und geradezu wie eine Krankheit der Gesamtheit empfunden,
bekämpft und beseitigt wird, so würde er auf der Insel wohl hauptsächlich
deswegen eingesperrt werden, weil es das Gesetz so vorschreibt.
Während
man mit solcher Fokusierung auf dem Kontinent eher von einem sozial- und
nationaltherapeutischen Akt sprechen könnte, der an dem Dieb auch die Ursache
eines Übels bekämpft, hätte der Rechtsakt auf der Insel eigentlich mit dem Dieb
persönlich nichts zu tun, sondern wäre ein Automatismus so ähnlich wie eine
Fallgrube. Ein sorgfältiger denkende Brite wie der bereits angeführte Philosoph
Max Black würde ganz sicher einwenden, daß man dabei immer auch den Grund
mitbedenken müsse, aus welchem Grund sich die Gemeinschaft auf ein solches
Gesetz oder auf die Einrichtung einer solchen Fallgrube geeinigt hätte, nämlich
um einen Menschen davon abzuschrecken, einen Diebstahl zu begehen. Nun weiß
jeder, daß ausgerechnet der Dieb in seinem Gefängnis der Beweis dafür ist, daß
diese Abschreckung nicht funktioniert hat. Somit hätte die Einsperrung eines
Diebes ins Gefängnis auf der Insel gar nichts mit dem Dieb selbst zu tun,
sondern er wird als gepeinigter Gefängnisinsasse dazu benutzt, andere Menschen
auf jene Fallgrube aufmerksam zu machen und davor abzuschrecken, einen
Diebstahl zu begehen.
Wenn
auch noch undeutlich, so wird dennoch die nüchterne Rationalität einerseits und
die ethische Problematik andererseits dabei deutlich, die besonders bei der
gottlob abgeschafften Todesstrafe augenfällig würde, mit der dann ein Mensch zu
reinen Demonstrationszwecken getötet werden müßte.
Wird bald korrigiert und ergänzt : (aus der Sicht des Evangeliums des Christen, aus der Sicht des Koran des Moslems, aus der Sicht des Buddhismus des Buddhas usw.)